
»Räume für eine offene Gesellschaft und Wissenschaft« ‒ unter diesem Motto steht der 3. Bibliothekspolitische Bundeskongress der Deutschen Bibliotheksverbands (dbv), der am 9. Oktober 2025 im Allianz Forum am Pariser Platz in Berlin stattfindet. Gemeinsam mit Jürgen Dusel, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, wird Dr. Katrin Richter, Mitglied der dbv-Kommission »Kundenorientierte und inklusive Services« und Stellvertretende Direktorin der Universitätsbibliothek der Bauhaus-Universität Weimar, das Themenforum »Inklusion in Bibliotheken« gestalten.
Auf dem 3. Bibliothekspolitischen Bundeskongress diskutieren Expert*innen aus Politik, Wissenschaft, Kultur und Bibliotheken über die Rolle von Bibliotheken für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Bibliotheken sind offene Begegnungs- und Diskursräume und der souveräne Umgang mit Medien und Informationen ist wichtiger denn je. Als meistbesuchte Kultureinrichtungen und niedrigschwellige Orte leisten Bibliotheken einen wichtigen Beitrag zum demokratischen Gemeinwesen: Wissen und Informationen werden zugänglich gemacht, die Kompetenzen im Umgang mit Medien gestärkt und ein breites Veranstaltungs- und Raumangebot bereitgestellt.
In diesem Jahr liegt der Fokus auf den wissenschaftlichen Bibliotheken, die als Brücken zwischen Gesellschaft und Wissenschaft fungieren und eine herausragende Stellung beim aktiven Einsatz für unsere demokratische Kultur und für unsere offene und freie Wissenschaft einnehmen. Die Veranstaltung zielt darauf, dass Bibliotheksvertreter*innen die Erwartungen und Erfordernisse von Bibliotheken an die Politik formulieren, um diese Aufgaben erfüllen zu können.
Neben Impulsvorträgen und Podiumsdiskussionen bieten Themenforen die Möglichkeit, sich fachlich auf den neuesten Stand zu bringen und miteinander in den Austausch zu kommen. So wird es – neben dem Spannungsfeld von Meinungsfreiheit versus Bildungsauftrag bei umstrittener Literatur, dem Umgang mit Fake News sowie der digitalen Souveränität – auch um Inklusion in Bibliotheken gehen. Ausgangspunkt dieses Themenforums wird die erste repräsentative Umfrage zur Barrierefreiheit an deutschen Bibliotheken sein, welche die dbv-Kommission »Kundenorientierte und inklusive Services« in Kooperation mit dem Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin 2023 in Angriff genommen hat. Das große Interesse an der Thematik lässt sich schon an den überdurchschnittlichen Rücklaufwerten ablesen: Über 950 Standorte und damit 49 % der angefragten Bibliotheken beteiligten sich. Die Ergebnisse der Umfrage machen erhebliche Defizite hinsichtlich der Barrierefreiheit in den Einrichtungen deutlich. So verfügen 50 % der Bibliotheken über keine finanziellen Mittel für Maßnahmen zur Barrierefreiheit, 14 % der Standorte haben keinen barrierefreien Eingang und nur 18 % eine barrierefreie Toilette. Gründe für fehlende oder zu geringe Barrierefreiheit liegen allerdings nicht allein an schwierigen baulichen Bedingungen oder fehlenden finanziellen Mitteln. Auch nutzen Bibliotheken die Möglichkeiten von Vernetzungen und Kooperationen mit anderen Einrichtungen oder Interessenverbänden bislang noch zu wenig. Ebenfalls eine eher untergeordnete Rolle spielt die Vermittlung von Fachwissen und die Qualifikation des Personals. Gerade in diesen Feldern liegt ein hohes Verbesserungspotential, um das in der UN-Behindertenrechtskonvention 2009 von der Bundesrepublik Deutschland anerkannte Grundrecht sicherzustellen, das Inklusion ein Menschenrecht ist.
Weiterhin werden wesentliche Aussagen und Best-Practice-Beispiele des Praxishandbuches »Inklusion in Bibliotheken« vorgestellt, das von der dbv-Kommission gemeinsam mit dem Deutschen Institut für Menschenrechte auf den Weg gebracht und im Mai 2025 als erstes barrierefreies E-Book des Verlages DeGruyter/Brill und Open Access veröffentlicht wurde. Als Meilenstein der Sichtbarmachung von Inklusion in Bibliotheken enthält es Beiträge von mehr als 80 Autor*innen, die über den gleichberechtigten Zugang zu Information, Bildung und Kultur für Menschen mit und ohne Behinderung informieren. Voraussetzung dafür ist Barrierefreiheit – am Bau, beim Medienangebot, in der Kommunikation und bei Services vor Ort oder digital.
Um sich einen Eindruck über Maßnahmen zur Inklusion in wissenschaftlichen Bibliotheken zu verschaffen, besuchte Jürgen Dusel unter anderem am 22. August 2025 die Universitätsbibliothek der Bauhaus-Universität und die Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar. In einem regen Austausch mit Bibliotheksmitarbeitenden beider Einrichtungen wurde über den Stand der Barrierefreiheit und Inklusion diskutiert. Insbesondere die Erfahrungen und Herausforderungen hinsichtlich der Rolle von Bibliotheken als Arbeitgeberinnen oder als Wissensorte zeigen auf, dass in diesen Bereichen noch viel Potential liegt, das es zu heben gilt.
»Der 3. Bibliothekspolitische Bundeskongress ist für uns als Vertreter*innen sowohl der dbv-Kommissionen als auch von wissenschaftlichen Bibliotheken eine herausragende Möglichkeit, inklusive Anliegen von Bibliotheken erstmalig so zentral zu thematisieren und auf diese Weise sichtbar zu machen. Als Sinnbild für Menschenwürde und damit als Sinnbild für demokratische Werte fängt Inklusion zunächst einmal bei jedem und bei jeder selbst an.«, fasst Dr. Katrin Richter auch die notwendige Selbstverpflichtung von Bibliotheken zusammen, um an einer inklusiven Gesellschaft mitwirken zu können.



Gefördert wird der 3. Bibliothekspolitische Bundeskongress durch die Bundeszentrale für politische Bildung und die Allianz Foundation.
Website des 3. Bibliothekspolitischen Bundeskongresses:
https://www.bibliotheksverband.de/3-bibliothekspolitischer-bundeskongress
Weitere Informationen, unter anderem zur Umfrage und zum Praxishandbuch:
https://www.bibliotheksverband.de/Inklusion-und-Barrierefreiheit
Text: Dr. Katrin Richter