Zum vorläufigen Abschluss der kleinen Blog-Serie „Im Interview zu User Experience“ berichtet Martha Ganter von der Universitätsbibliothek der TU Berlin über ihre Erfahrungen mit User-Experience-Methoden im Arbeitsalltag.
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In der kleinen Blog-Serie „Im Interview zu User Experience“ berichten Kolleginnen aus verschiedenen Berliner Bibliotheken über ihre Erfahrungen mit User-Experience-Methoden im Arbeitsalltag.
In der kleinen Blog-Serie „Im Interview zu User Experience“ berichten Kolleginnen aus verschiedenen Berliner Bibliotheken über ihre Erfahrungen mit User-Experience-Methoden im Arbeitsalltag.
Am 25. Januar 2023 startet die kleine Blog-Serie: „Im Interview zu User Experience“ – UX-Expert*innen berichten über ihre individuellen Erfahrungen mit User-Experience Methoden im Arbeitsalltag. Zum Einstieg ins Thema bietet dieser Blogbeitrag einen kurzen Überblick.
Ein Beitrag von Martha Ganter (Stabsstelle Innovationsmanagement und Kundenmonitoring, Universitätsbibliothek der Technischen Universität Berlin)
User Experience – Was ist das?
UX heißt übersetzt Nutzererfahrung oder Nutzererlebnis. Es geht dabei primär um Erfahrungen der Nutzer*innen mit Produkten und Dienstleistungen. Die ISO-Norm 9241-210:2011 definiert UX als „Wahrnehmungen und Reaktionen einer Person, die aus der tatsächlichen und/oder der erwarteten Benutzung eines Produkts, eines Systems oder einer Dienstleistung resultieren.“[1]
So umfasst das UX alle Erfahrungsebenen visueller, auditiver, taktiler oder emotionaler Art; nicht nur die reine Usability, den aktiven Nutzungsprozess. Hier spielen alle Berührungspunkte eine wichtige Rolle, die auch im Vorfeld oder im Nachhinein liegen können.
UX als Handlungsfeld kommt ursprünglich aus dem IT-Bereich und wird genutzt, um Produkte und Dienstleistungen nutzerzentriert zu verbessern und (weiter) zu entwickeln. So gewinnt UX auch im Bibliothekswesen in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung, weil es einen zentralen Dreh- und Angelpunkt bildet, um Nutzer*innen und deren Bedürfnisse besser zu verstehen.
Wie kann User Experience sinnvoll genutzt werden?
Da UX die Bedürfnisse der Nutzer*innen auf allen Ebenen abbildet, ermöglicht es die Entwicklung, Verbesserung und passgenaue Optimierung von Produkten und Dienstleistungen, sofern Nutzer*innen früh in die Prozesse eingebunden werden.
Ein Beispiel für Bibliotheken ist die Befragung von Nutzer*innen in kurzen Interviews, etwa: „Warum sind Sie heute in der Bibliothek?“ oder „Würden Sie uns kurz zeigen, wie Sie die Bibliothek nutzen?“. Darüber hinaus können neue Produkte oder Dienstleistungen, z. B. ein Videochat oder ein Makerspace auf Nutzungsszenarien hin überprüft werden.
Je früher und detaillierter die Bedürfnisse der Nutzer*innen erfasst werden, desto zielführender die Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen.
Neben den kurzen Interviews gibt es noch weitere Methoden, UX besser zu verstehen, die sich zumeist empirischen Forschungsfeldern der Befragung und Beobachtung zuordnen lassen. Von Vorteil ist, dass die meisten UX-Methoden stichprobenartig erfolgen können und keine zeitaufwändigen Vor- als auch Mit- und Nacharbeiten erfordern, weil sich bereits anhand kleiner Stichproben belastbare Aussagen treffen lassen.
Eignen sich User-Experience-Methoden für Bibliotheken?
UX-Methoden können dazu beitragen, gemeinsam mit den Nutzer*innen die Produkte und Dienstleistungen von Bibliotheken zu verbessern und weiterzuentwickeln.
Außerdem bietet UX die Chance, mit den Nutzer*innen ins Gespräch zu kommen und ein aktives Community Building zu betreiben. Dadurch wird sowohl der interne als auch externe Austausch gefördert und ein besseres Verständnis der unterschiedlichen Bedürfnisse geschaffen.
Einen Einblick in die Methodenvielfalt vermitteln die Experteninterviews mit den Kolleg*innen aus verschiedenen Informationseinrichtungen. Freuen Sie sich auf spannende Erfahrungen und Erlebnisse aus dem Arbeitsalltag.
[1] DIN e.V. (Hrsg.), DIN 9241-210:2011, 2011, S. 7.
Eine niederschwellige Kund*innen-Befragung der Bibliothek im Brauhaus Willich, Beitrag von Katrin Hufschmidt, Leiterin der Bibliothek im Brauhaus (Willich)
1. Gegebenheiten
In der Bibliothekslandschaft Willichs sind wir als Bibliothek im Brauhaus (BiB) die Juniorpartnerin. Vier kirchliche, 3 katholische und eine evangelische, Büchereien gab es schon viele Jahre bevor die Stadt sich vom Bücherbus des Kreises Viersen unabhängig machte und eine eigenen Stadtbücherei in einer Ortsrandlage auf dem Gelände einer Schule gründete. Nach gutem Start gingen die Nutzendenzahlen über die Jahre immer weiter zurück. Auch die Zusammenarbeit mit den beiden direkt angrenzenden Schulen fruchtete nicht, so stand die Stadt schließlich vor der Wahl, die Stadtbücherei nach 25 Jahren wieder zu schließen oder mit einem neuen Konzept, die Bibliothek als 3. Ort und niederschwelligem Zugang zur Informationsgesellschaft und an einem neuen Standort neu zu starten. Dies wurde 2018 auf den Weg gebracht. Im September 2019 wurde die neue Bibliothek im Brauhaus im Kern des Stadtteils Schiefbahn in einer ehemaligen Gaststätte eröffnet. Zwar wurde das alte Mobiliar mit umgezogen, aber das Architekturbüro UKW aus Krefeld hatte neue Akzente mit einzelnen neuen Möbeln gesetzt.
Die BiB hat ca. 11.000 Medien, 35 Wochenöffnungsstunden und 3 Mitarbeiterinnen. Der Zugang ist niederschwellig, es werden keine Jahres- oder Ausleihgebühren erhoben.
Meine erste Amtshandlung als neue Leiterin bestand darin, innerhalb von acht Wochen einen Antrag auf Fördermittel für eine Neumöblierung und ein Marketingkonzept an das Land NRW zu formulieren, der 2020 positiv beschieden und bis Mai 2021 auch umgesetzt wurde.
2. Niederschwellige Mitwirkung der Kundschaft an der Ausgestaltung der neuen Bibliothek im Brauhaus
2.1 Befragung
Da ich meine neue Kundschaft und ihre Ideen noch nicht kannte, und es einen Neustart geben sollte, der Bibliothek und Nutzende näher zusammenbringen sollte, kam ich auf die Idee, eine niederschwellige Besuchenden-Befragung durchzuführen. Zeit für einen Design-Thinking-Prozess gab es nicht. UKW hatte für die Zwischenzeit große Holzpaneele an den Wänden installiert, die für diese Befragung genutzt werden konnten.
An den Holzwänden wurde die Frage „für die neue Stadtbibliothek wünsche ich mir“ angebracht und unbeschriftete Moderationskarten und Stifte bereitgelegt. Die Frage war bewusst offen gehalten, um dem offenen Konzept Rechnung zu tragen. Das bedeutet, dass Wünsche zu allen Belangen, Möblierung, Räumen, Bestand und Veranstaltungen geäußert werden konnten. Alle Besuchenden des Hauses wurden angesprochen, doch bitte ihre Wünsche zu äußern und schriftlich auf den Karten zu notieren. Da während des Befragungszeitraumes zwei Stadtfeste stattfanden, an denen die BiB geöffnet war, gaben auch Nicht-Kund*innen ihre Wünsche ab.

Eine Antwort auf den jeweiligen Wunsch erfolgte auch über diese Wand. Hier wurde unterschieden nach kurzfristig zu erfüllenden Wünschen, wie Medientiteln, mittelfristigen, wie nach neuen Bestandgruppen, längerfristigen, wie Möblierungs- und Veranstaltungswünschen und nicht erfüllbaren Wünschen. Jeder Wunsch bekam eine Antwort incl. Umsetzungstermin.
2.2 Auswertung:
Insgesamt wurden in acht Wochen 117 Wünsche geäußert. Das mag wenig erscheinen, aber da die Befragung für das BiB-Team komplettes Neuland war, waren wir ganz zufrieden. Sowohl Titel- und Medienwünsche als auch Wünsche nach neuen Medienarten (Tonies, Mangas) wurden geäußert. Außerdem wurden Wünsche zu Veranstaltungen (Buchclub, Quizabend, Vorlesen für Kinder), Möblierung (Kinderleseecke, Sitzsäcke) und Ausstattung (besseres Licht, WLAN) notiert.
Zudem wurden Wunschzettel mit Lob für die neuen Räumlichkeiten und das Team aufgehängt.
Medienwünsche wurden in der Regel positiv beschieden, solange Etat vorhanden war und sie in das Bestandsprofil passten. Der Wunsch nach Tonies (Erstbestand) wurde erfüllt, sie erfreuen sich, wie in allen Bibliotheken, einer sehr hohen Beliebtheit. Der Wunsch nach Mangas ist noch offen. Wenn Mangas angeschafft werden, müssen wir mehrere Reihen anschaffen und diese möglichst vollständig. Das bindet viel Etat für alte Ausgaben.
Die Wünsche nach Veranstaltungen konnten wir alle erfüllen. Aus den Wünschen haben wir jetzt drei Veranstaltungsreihen entwickelt:
– die Reihe BiB-Quiz mit einem vierteljährlich stattfindenden Kneipenquiz, startete noch 2019
– die Reihe BiB-Buchclub, zwei Lesekreise treffen sich monatlich in der BiB, startete im Januar 2020 und
– die Reihe Vorlesen mit BiBi und Emmi. BiBi und Emmi sind die Maskottchen der Kooperationsveranstaltung mit der Bücherei der Emmaus-Kirchengemeinde. Monatlich findet ein Vorlesenachmittag für Kinder wechselnd in beiden Bibliotheken statt. Der Start der Reihe war für das Frühjahr 2020 geplant, konnte aber wegen Corona nicht stattfinden. Im Mai 2022 konnte das Vorlesen zum Glück endlich starten.
Die Wünsche, die bezüglich der Möblierung und der Räumlichkeiten geäußert wurden, wie WLAN, besseres Licht in allen Räumen, gemütliche Sitzecken, Sitzsäcke usw. wurden den Innenarchitekten mitgeteilt und von diesen in die Planung integriert. Sie alle konnten umgesetzt werden und tragen so zum neuen Ambiente der BiB bei. Besonderer Clou sind die Kinderstühle. UKW stellte unterschiedliche Möglichkeiten für die Bestuhlung vor. Wir gaben die Vorschläge in eine Kita und die Kitakinder entschieden sich für ein Modell, welches dann angeschafft wurde: Diese Stühle sind ein Highlight in der Kinderbücherei, sowohl Eltern und Kinder, als auch Kolleg*nnen aus anderen Bibliotheken sind begeistert.
Auch wir Mitarbeiterinnen hatten natürlich Wünsche für die neue BiB. Das betraf hauptsächlich die Regalgestaltung und die Gestaltung einzelner Bereiche. Auch diese Wünsche wurden komplett umgesetzt.



3. Fazit
Mein Fazit, dass ich aus der niederschwelligen Befragung der Bibliotheksnutzer*innen ziehen:
– Zum einen: Die Abfrage und die Umsetzung der Kund*innenwünsche tragen zu einer positiven Identifizierung mit dem Haus bei. Die Menschen fühlen sich mit ihren Bedürfnissen ernst genommen und sehen, dass wir für sie da sind. Selbst wenn ein Wunsch einmal abgelehnt werden muss, erfahren sie durch die begründete Ablehnung Wertschätzung.
– Zum zweiten: Das Feedback der Menschen, die in die BiB kommen, ist ausschließlich positiv! Alle umgesetzten Wünsche werden gut angenommen, die Mitwirkung der Kundschaft wirkt sich positiv auf die Nutzung der Bibliothek aus. Wir haben gemeinsam mit den Bürger*innen den schönsten Wohlfühlort der Stadt Willich geschaffen und füllen ihn mit Leben.
– Zum dritten: Wir haben den Befragungsprozess verstetigt und eine sogenannte „Wunschkarte“ eingeführt. Diese fragt ganz allgemein Vorschläge für die BiB ab. Die Besuchenden können jegliche Vorschläge für Medien, Veranstaltungen usw. äußern und bekommen immer eine Antwort.
Unterm Strich: Unsere niederschwellige Kund*innen-Befragung hat sich gelohnt! Mit wenig Aufwand haben wir ein nachhaltig positives Ergebnis erzielt. Wir werden diese Art der Befragung sicher weiterhin anwenden.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen Spaß am Dialog mit Ihren Nutzenden! Denn für die sind wir da!
Kontaktdaten:
Katrin Hufschmidt, Bibliothek im Brauhaus, Mail: katrin.hufschmidt@stadt-willich.de
Ein Beitrag von Christine Ambrosi, Leiterin der Stadtbibliothek Bruchköbel
Die Menschen im Main-Kinzig-Kreis sind mobil und pendeln innerhalb des Rhein-Main-Gebietes zu Arbeit, Schule und Hochschule. Von den Pendler:innen, Schüler:innen und Studierenden nutzen etliche mehr als eine Bibliothek, noch mehr schätzen den Zugang zu weiteren Bibliotheksbeständen und insbesondere zu den Online-Angeboten zu günstigen Konditionen.
Dies hat die Bibliotheken in Bruchköbel, Hanau und Rodenbach veranlasst, im Rahmen der interkommunalen Zusammenarbeit das Pilotprojekt „Regionaler Bibliotheksausweis Main-Kinzig“ zu starten. In den teilnehmenden Bibliotheken wird seit November 2019 alternativ zum lokalen Ausweis der regionale Bibliotheksausweis angeboten. Seither sind mit Erlensee, Gelnhausen, Großkrotzenburg und Nidderau vier weitere Kooperationsbibliotheken hinzugekommen.

Was muss vor der Einführung getan werden?
Als erstes haben wir geklärt, ob die Einführung eines gemeinsamen Bibliotheksausweises technisch möglich ist. Dass die drei Pilotbibliotheken verschiedene LMS (BibliothecaPlus, WinBiap.net, Libero) im Einsatz hatten, erwies sich nicht als Hindernis, da diese nicht direkt miteinander kommunizieren müssen. Die Bibliotheksausweise müssen jedoch in allen beteiligten Bibliotheken genutzt werden können und hier sind unterschiedliche Verfahren im Einsatz: In Hanau erfolgt die Verbuchung mit RFID und Selbstverbuchern. In Rodenbach und Bruchköbel verbucht das Personal weiterhin mit Barcode und Handscannern. Nach Anpassung einiger Parameter konnten die Hanauer RFID-Ausweise auch dort von den Scannern gelesen und dem LMS verarbeitet werden.
Verwaltungen und politische Entscheidungsträger müssen frühzeitig über das Projekt informiert und, falls notwendig, überzeugt werden.
Um die Höhe der Jahresgebühr festzulegen, haben wir die Gebührenstrukturen verglichen, auch diejenigen der potenziellen Zusteiger. Da die Jahresgebühr für den regionalen Bibliotheksausweis etwas über der höchsten Jahresgebühr in den Bibliotheken des Main-Kinzig-Kreises liegen sollte, wurde die Gebühr auf 30 € für Erwachsene und 15 € ermäßigt für Auszubildende, Studierende, Schüler:innen über 18 Jahre etc. festgelegt. Kinder und Jugendliche erhalten keinen Regionalausweis, da sie in den beteiligten Bibliotheken kostenfrei entleihen können.
Die Benutzungs- und Gebührenordnungen der Bibliotheken mussten um die Konditionen für den regionalen Bibliotheksausweis ergänzt und verabschiedet werden. Hierbei hat es sich als hilfreich erwiesen, gemeinsam einen entsprechenden Paragrafen zu formulieren, der in allen Benutzungsordnungen eingefügt wird.
Ein Grafiker wurde beauftragt, einen Ausweis sowie Werbematerialien (Flyer, Roll-up) zu entwerfen. Als Gestaltungselement haben wir uns für Puzzleteile – zu diesem Zeitpunkt das Wiedererkennungsmerkmal der regionalen Katalogportale in Hessen – entschieden.
Und schließlich wurde eine Kooperationsvereinbarung aufgesetzt, in der sich die beteiligten Bibliotheken wechselseitig und allen Nutzer:innen die Rechte zur Nutzung des gesamten physischen und digitalen Bestandes einräumen. Die Konditionen werden hierin ebenfalls detailliert festgehalten, z. B. dass es keine Kostenverrechnung zwischen den Bibliotheken gibt. D. h., die Einnahmen verbleiben dort, wo sie entstehen, der Ausweis ausgestellt bzw. verlängert wird.

Welche Kosten entstehen für die beteiligten Bibliotheken?
Für unser Pilotprojekt erhielten wir vom Main-Kinzig-Kreis einen Zuschuss in Höhe 1.800 Euro. Hiermit konnte die Erstausstattung (1.000 Ausweise, Honorar Grafiker, Werbematerialien) finanziert werden.
Beim Zustieg weiterer Bibliotheken – der in der Kooperationsvereinbarung ausdrücklich ermöglicht wird – entstehen für diese zuerst einmal keine Kosten, denn zusätzliche Ausweise mussten bisher nicht bestellt werden. Wenn dies zu einem späteren Zeitpunkt notwendig wird, sind die Kosten für jede einzelne Bibliothek bei mittlerweile sieben Kooperationsbibliotheken überschaubar.
Kosten entstehen lediglich, wenn die zusteigende Bibliothek noch nicht das Katalogportal der Bibliotheken Main-Kinzig anbietet, wobei dies keine Voraussetzung für den Zustieg ist. Fünf Bibliotheken gehören dem Portal bereits seit dessen Start 2013 an, die anderen sind bzw. werden beitreten.

Wie läuft‘s in der Praxis?
Eine Anmeldung ist in jeder der beteiligten Bibliotheken möglich. Gleiches gilt für die Verlängerung des Ausweises. Bei Neuanmeldungen wird auf das zusätzliche Angebot hingewiesen. Hierzu gibt es ein gemeinsames Anmeldeformular, mit dem die Benutzungsordnungen aller beteiligten Bibliotheken anerkannt werden.
Lange haben wir überlegt, wie die Gültigkeit des regionalen Bibliotheksausweises in den anderen Bibliotheken überprüft werden kann. Es wäre zu aufwändig, wenn man sich bei allen beteiligten Bibliotheken nach der Gültigkeit eines Ausweises erkundigen müsste, wenn jemand mit einem regionalen Bibliotheksausweis an der Theke steht, aber bisher in der eigenen Bibliothek noch nicht registriert ist. Deshalb haben wir entschieden, dass jede Neuanmeldung und Ausweisverlängerung zeitnah den anderen Kooperationsbibliotheken mitgeteilt wird. In den lokalen LMS werden alle Nutzer:innen des regionalen Bibliotheksausweises erfasst, unabhängig davon, in welchen Bibliotheken sie tatsächlich Medien ausleihen. Somit wird der Ablauf in der oben beschriebenen Situation deutlich erleichtert, da die Daten bereits vorhanden sind.
Beim Umtausch vorhandener Bibliotheksausweise werden die Restlaufzeiten verrechnet, d. h. im ersten Jahr wird eine um den Wert der Restlaufzeit verminderte Jahresgebühr gezahlt. Beispiel: Der lokale Ausweis von Bruchköbel wäre noch ein halbes Jahr gültig. Deshalb zahlt der/die Nutzer:in für den regionalen Bibliotheksausweis, der ab sofort 365 Tage gültig ist, nur 22,50 Euro.
Rückgabe und Verlängerung von Medien sind nur in der Bibliothek möglich, in der diese ausgeliehen wurden. Entgegen manchen Befürchtungen konnten wir seit Einführung des regionalen Bibliotheksausweises keine Zunahme von Irrläufern feststellen.
Was sind die Vorteile für die Nutzer:innen?
In der Mehrzahl der Fälle sparen die Nutzer:innen Geld, sobald zwei Bibliotheken besucht werden – insbesondere, da meist Hanau mit einer anderen Bibliothek kombiniert wird. Und es gibt sogar Personen, die drei oder mehr Bibliotheken nutzen. Gelnhausen, Großkrotzenburg, Hanau und Nidderau verlangen für ihren lokalen Bibliotheksausweis 24 bzw. 25 Euro, Bruchköbel und Rodenbach 15 Euro sowie Erlensee 12 Euro.
Darüber hinaus hat man statt zwei oder drei Karten nur einen Ausweis im Portemonnaie und kann auf ein deutlich umfangreicheres Angebot zugreifen – sowohl physisch als auch digital. Dabei ist es keineswegs so, dass nur die kleineren Bibliotheken von der Teilnahme Hanaus profitieren. Denn dort gibt es z. B. keine Spiele im Bestand, die die anderen Bibliotheken jedoch anbieten und nun ebenso von den Hanauer Bürger:innen entliehen werden können. Verschiedenste digitale Angebote sind mittlerweile auch in den kleineren Bibliotheken häufiger vorhanden, da in den beiden vergangenen Jahren hierfür Mittel über das Förderprogramm „Digitales Hessen“ zur Verfügung standen.
Wie wird das Angebot angenommen?
Nach 4 Monaten Laufzeit hatten bereits knapp 70 Nutzer:innen den regionalen Bibliotheksausweis beantragt. Dann kam Corona und die Nachfrage nach diesem Angebot geriet ins Stocken. Einen zweiten Schub erlebten wir 2021 mit dem Zustieg von Gelnhausen, Großkrotzenburg und Nidderau. Mittlerweile wurden fast 250 regionale Bibliotheksausweise ausgestellt, über 80 % davon zum Normaltarif von 30 Euro. Das Einzugsgebiet geht über den Main-Kinzig-Kreis hinaus, die Wohnorte der Nutzer:innen liegen auch in benachbarten Kreisen.
Und dass die Einwohner:innen in der Region mobil sind und pendeln, wird auch daran deutlich, wo die Jahresgebühr bezahlt wird. Nutzer:innen mit Wohnort Bruchköbel lassen sich ihren Ausweis durchaus in Hanau ausstellen oder verlängern. Auch bedeutet der Wohnort Bruchköbel nicht unbedingt, dass diese Personen die Bibliothek vor Ort nutzen.
Wie ein Blick auf die Karte verrät, ist das Potenzial für weitere Kooperationsbibliotheken aber fast ausgereizt. Bei den hauptamtlichen Bibliotheken ist am ehesten mit einem Zustieg von Schlüchtern zu rechnen, da die Bibliothek bereits Mitglied des MKK-Portals ist.

Fazit
Beim Start des Pilotprojektes hatten wir uns kein Ziel gesetzt, wie viele regionale Bibliotheksausweise ausgestellt werden sollten. Wir haben es von Beginn an als ein zusätzliches Angebot für Nutzer:innen gesehen, die mehr als eine Bibliothek nutzen, und mit diesem Angebot Geld sparen können.
Das Projekt ist jedoch ein wichtiges Zeichen der Vernetzung, die die Bibliotheken stärkt und ihnen größere Aufmerksamkeit beschert. Dass dies auch von den Verwaltungen und politisch Verantwortlichen so gesehen wird, zeigen die beiden Pressekonferenzen zum offiziellen Start des Pilotprojektes am 24.10.2019 sowie beim Zustieg dreier Bibliotheken im vergangenen Jahr. Bei diesen Terminen waren jeweils alle Bürgermeister:innen der beteiligten Kommunen, der Landrat der Main-Kinzig-Kreises, die Hessische Fachstelle für Öffentliche Bibliotheken und natürlich die Bibliotheksleiterinnen zugegen. Unisono lobten alle dieses gelungene Beispiel für interkommunale Zusammenarbeit.
Wir finden, es lohnt sich, einen regionalen Bibliotheksausweis anzubieten. Es ist ein Projekt mit geringen zusätzlichen Kosten und wenig Aufwand im Tagesgeschäft, das sich jedoch durch eine hohe Öffentlichkeitswirksamkeit auszeichnet.
Kontaktdaten:
Christine Ambrosi, Stadtbibliothek Bruchköbel, Mail: christine.ambrosi@bruchkoebel.de
Ein Beitrag von Andrea Beißner, Projektleiterin „Grünes Labor“ der Stadtbücherei Hameln
Das berühmte Zitat aus den Pippi Langstrumpf-Büchern von Astrid Lindgren steht dafür, neue Wege zu beschreiten, Neues zu wagen und auszuprobieren und sich nicht von anderen Meinungen beeinflussen zu lassen.
Mit dem Grünen Labor in der Pfortmühle hat auch die Stadtbücherei Hameln neue Wege beschritten, Neues gewagt und ist damit wohl auf dem richtigen Weg.
2019 wurde die Idee eines „Grünen Labors“ entwickelt, vorausgegangen waren Überlegungen, die Pfortmühle, ein historisches Gebäude an der Weser, in der sich die Stadtbücherei befindet, zu einem Dritten Ort zu machen. Leider gab es zu diesem Zeitpunkt nicht genügend Mittel, um sich für einen entsprechend großen Fördertopf zu bewerben. Also musste eine Idee her, um zumindest einen ersten Schritt in diese Richtung zu gehen.

Das war sozusagen die Geburtsstunde des Grünen Labors.
Das Förderprogramm „Zukunftsräume Niedersachsen“ (Zukunftsräume Niedersachsen | Nds. Ministerium für Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Landesentwicklung) bot schließlich die Möglichkeit, die Idee finanziell umzusetzen. Für die Antragstellung bekamen wir Unterstützung vom SCHUBZ Umweltbildungszentrum Lüneburg (@ SCHUBZ – Umweltbildungszentrum der Hansestadt Lüneburg (schubz-online.de) und konnten im Januar 2021 den Zuwendungsbescheid entgegennehmen.
Bis dahin war es eine Menge Arbeit, Brainstorming im Team und Gespräche mit möglichen zukünftigen Partner:innen.
Der etwas sperrige Projekttitel „Das Grüne Labor in der Stadtbücherei Hameln – zentraler Begegnungs- und Lernort für Umweltkultur und Nachhaltigkeit als Brücke zwischen Hameln und dem Landkreis Hameln-Pyrmont sowie darüber hinaus“ hat sich inzwischen zu einem etwas knackigeren Slogan gewandelt – „Das Grüne Labor – Erlebnisort in der Stadtbücherei Hameln & Grünes Netzwerk für Natur, Umwelt und Nachhaltigkeit im Weserbergland“, enthält aber nach wie vor unsere Zielsetzungen.
Das Grüne Labor möchte ein Erlebnisort und Kommunikationsraum für alle an grünen Themen Interessierte sein, Informationen und Bildungsangebote zu Natur, Umwelt und Nachhaltigkeit bieten und das mit einem möglichst großen Netzwerk im Einzugsbereich des Weserberglandes.

Für die Umsetzung stehen Fördermittel in Höhe von 188.750 € zur Verfügung und der Projektzeitraum umfasst 2 Jahre (1.2.21 – 31.01.23). Corona machte uns in vielen Dingen einen Strich durch die Rechnung, so dass die Eröffnung mit Verspätung schließlich erst am 3. Mai dieses Jahres stattfand.
Bis dahin entstand aus einem rund 107 m² großen Bereich in der 2. Etage der Stadtbücherei ein völlig neu gestalteter Wohlfühlort in angenehmen Farben, wobei grün neben blau und orange natürlich vorherrscht. Grün steht für die Natur und unseren Stadtwald, blau für das Wasser der Weser und orange für den Sandstein, aus dem die Pfortmühle gebaut ist sowie auch für die Stadtgesellschaft.


In Beteiligungsprozessen mit den ersten 24 Partner:innen, die sehr an einer Zusammenarbeit mit der Stadtbücherei und dem Grünen Labor interessiert waren, ermittelten wir Wünsche, Anregungen und Ideen, was die Gestaltung und Ausstattung des Raumes sowie die inhaltliche Ausrichtung und Umsetzung anging.
Die räumliche Gestaltung wurde mit Unterstützung eines Gestalterbüros und einer Innenarchitektin umgesetzt, bei der inhaltlichen Umsetzung, der Kommunikationsstrategie und der Veranstaltungsplanung unterstützt uns das SCHUBZ Umweltbildungszentrum.
Bei der inhaltlichen Umsetzung greift das Grüne Labor möglichst vielfältige Themen zur Bildung einer nachhaltigen Entwicklung (BNE) auf.
Besonders im Fokus stehen vier der 17 Ziele der Agenda 2030:




Außerdem bietet das Grüne Labor niederschwellige Angebote im Rahmen des BiNaBi-Moduls (Bildung für Nachhaltige Entwicklung) der Büchereizentrale Niedersachsen an, eine Saatgutbibliothek, Kamishibais und Bilderbuchkino, Angebote zu „grünen“ Themen durch unsere Netzwerkpartner*Innen sowie Vorträge, Workshops, Live-Streams, Ausstellungen, Schülerpräsentationen und Multiplikatorenworkshops.
Es wird ausprobiert, getestet und mitunter auch mal festgestellt, dass sich ein Format ggfs nicht zur Umsetzung im Grünen Labor eignet. Wir und unsere inzwischen 38 Netzwerkpartner:innen (u.a. BUND, Kreisgruppe HM-P.; NABU, Kreisgruppe HM-P.; Naturpark Weserbergland; WPZ Weserbergland; Jägerschaft, Kreisgruppe HM-P.; Hochschule Weserbergland; Klimaschutzagentur Weserbergland; Förderverein Terra Preta; 3 Gymnasien u.v.m.) lernen mit jedem Angebot, jeder Umsetzung, jedem Austausch dazu und werden bei zukünftigen Netzwerktreffen an weiteren gemeinsamen Aktionen für die Zukunft arbeiten. Es ist eine große Herausforderung, ein großer Arbeitsaufwand aber eine Form der Zusammenarbeit, die gerade jetzt wichtiger denn je ist.

Kontakt:
Andrea Beißner, Projektleitung Grünes Labor in der Stadtbücherei Hameln, Grünes Labor, Sudetenstr. 1, 31785 Hameln, andrea.beissner@hameln.de, Tel. 05151-202-1620
Informationen zur Stadtbücherei Hameln:
Informationen zum Grünen Labor:
www.grueneslaborweserbergland.de
Beiträge zum Grünen Labor:
Das „Grüne Labor“ in der Stadtbücherei Hameln (projektnetzwerk-niedersachsen.de)
Grünes Labor der Stadtbücherei Hameln feierlich eröffnet | Amt für regionale Landesentwicklung Leine-Weser (niedersachsen.de)
Einrichtungen, die an (disruptiven) Innovationen scheitern, könnte man als bürokratisch, selbstgefällig, risiko- und innovationsavers bezeichnen. Dies ist aber durchaus falsch, denn diese Unternehmen sind durchaus innovativ. Diese Einrichtungen erfüllen sogar die Wünsche ihrer Kunden in perfekter Weise, daher existiert für die Innovationen bei den eigenen Kunden vielfach kein Markt – zumindest kurz- bis mittelfristig. Sie entwickeln ihre Produkte und Dienstleistungen „nur“ in deren (bestehenden) Schlüsselattributen weiter. Diese Institutionen bedienen ihre Märkte also in perfekter Weise, d.h. sie machen (eigentlich) nichts falsch, denn sie handeln streng kundenorientiert und optimieren ihre Produkte und Dienstleistungen, sodass für ihre Kunden ein Mehrwert entsteht. Zudem verfügen Sie meistens über ein hervorragendes Management.
Eine Möglichkeit, erfolgreich auf (disruptive) Innovationen zu reagieren, besteht darin, die dazu benötigten Fähigkeiten intern zu entwickeln. Eine Lösung dafür ist die „Ambidexterity“. Diese „Beidhändigkeit“ bedeutet, dass etablierte Institutionen ihre Prozesse und Werte erweitern, um so die vorhandenen Stärken sowie neue disruptive Innovationen gleichzeitig forcieren zu können. Für diese Strategie werden vier Schritte empfohlen.
1. Schritt: Beginnen bevor es nötig erscheint,
2. Schritt: Jemandem die Verantwortung übertragen, der über die notwendigen Kompetenzen verfügt und sich für Neues begeistert,
3. Schritt: ein Expertenteam bilden,
4. Schritt: alle einbinden und (ggf.) schulen.
Innovationen in Bibliotheken erfolgen inhaltlich üblicherweise evolutionär und inkremental, also wenig disruptiv.Auf der anderen Seite basieren ihre Dienstleistungen häufig auf disruptiven technischen Innovationen. Im Rahmen eines zunehmenden Wettbewerbs, der radikalen Veränderungen der Digitalisierung und des demographischen Wandels müssen Bibliotheken reagieren und selbst hinsichtlich neuer Dienstleistungen und Geschäftsmodelle aktiv werden.
Bibliotheken stehen künftig möglicherweise auch vor dem Innovator´s Dilemma wie viele Unternehmen, denn sie müssen auf der einen Seite ihre bisherigen Kunden und Zielgruppen bedienen, d.h. die Dienstleistungen, die gefragt sind, auch weiterhin anzubieten, auf der anderen Seite müssen sie aber im Sinne disruptiver Innovationen aktiv sein und neue Märkte erschließen und bedienen.
Weiterführende Literatur:
Christensen, C. M.; Matzler, K.; von den Eichen, S. F.: The Innovator´s Dilemma, München: Franz Vahlen, 2011
Christensen, C. M. / Raynor, Michael E. (Solution, 2003): The Innovator’s Solution: Creating and sustaining successful growth, Boston 2003.
Neben der Kommunikation von Innovationen nach außen (s. Blogbeitrag Externe Innovationskommunikation) ist es mindestens so wichtig, Planungen, Ideen und Innovationen auch frühzeitig nach innen unter den Mitarbeitern zu kommunizieren. Innovationen bringen vielfach Veränderungen innerhalb der Bibliothek mit sich: diese können u.a. bekannte, vorhandene Strukturen / Produkte, Arbeitsabläufe / Prozesse oder Verantwortlichkeiten betreffen. Die interne Innovationskommunikation ist das geeignete zentrale Instrument, einen offenen Umgang über die Veränderungen des Arbeitsalltags und der Produkte zu schaffen.
In die interne Innovationskommunikation sollten alle Mitarbeiter eingebunden sein, und sie sollten alle in gleicher Weise und im gleichen Umfang informiert werden. Nur dann kann eine innovationsförderliche Arbeitsumgebung geschaffen werden.
Eine offene und transparente interne Kommunikation sollte mindestens folgende Aspekte berücksichtigen (vgl. Lindlar 2005).
– Erweiterung des Wissens
Innerhalb der Bibliothek muss den Mitarbeitern das Wissen über eine Innovation und deren Veränderungen vermittelt werden. Die Kommunikation muss so transparent sein, dass alle Mitarbeiter die Neuerung verstehen und auch nachvollziehen können. Zudem müssen Mitarbeiter ggf. rechtzeitig geschult werden, wenn die Innovation neue / andere Kenntnisse erfordert, und zwar bevor mögliche Ängste und Aversionen gegen die Innovation entstehen.
– Vermeiden von Gerüchten
Unwissenheit und Unsicherheit bringen oft falsche Vorstellungen mit sich. Wenn diese informell transportiert werden, entstehen Gerüchte, die kontraproduktiv für die Innovation sind. Und noch schlimmer ist es, wenn Mitarbeiter erzählen, dass sie mit der Innovation nichts zu tun haben. Damit vermitteln sie im Kundenkontakt wenig Transparenz und geben ggf. auch an den Kunden falsche Informationen weiter.
– Einsicht in die Notwendigkeit
Alle Mitarbeiter sollten die Notwendigkeit der Innovation erkennen, verstehen und auch akzeptieren. Sonst läuft die Bibliothek Gefahr, dass die Mitarbeiter später gegen die Innovation arbeiten und sie auch gegenüber dem Kunden nicht positiv darstellen, ja im schlimmsten Fall blockieren.
– Abbau kognitiver Dissonanzen
Die Mitarbeiter haben stets Vorstellungen von Veränderungen, die sich auf der Basis von Erfahrungen und Erkenntnissen bilden. So können z.B. Ängste entstehen, den künftigen Anforderungen aufgrund der Ausbildung nicht gewachsen zu sein.
– Schaffen von Visionen
Bei den Mitarbeitern eine Vorstellung davon geschaffen werden, was die Neuerung bewirken kann und soll. Es geht also darum, eine Vision aufzubauen, die den Zielzustand beschreibt. Aus dieser Vision muss deutlich hervorgehen, dass sich die Anstrengungen, zusätzlichen Belastungen und Veränderungen lohnen werden.
– Erfolgsmeldungen
Nach Einführung geht es darum, Erfolge, Verbesserungen etc. zu kommunizieren und / oder auch zu feiern. Nur dann werden die Mitarbeiter auch künftig bereit sein, weitere Innovationen mit zu unterstützen und aktiv die Innovationen zu „vermarkten“.
Die interne Innovationskommunikation ist somit wie die externe Innovationskommunikation ein strategisches Instrument, das den gesamten Innovationsprozess begleiten sollte. Und es ist in der Tat wichtig, alle Mitarbeiter zu informieren, auch die, die vielleicht nicht oder nur wenig mit der Innovation in Berührung kommen. Nur so kann ein gutes Bibliotheksklima erhalten bleiben. Im Idealfall verknüpfen und verzahnen Bibliotheken die externe und die interne Innovationskommunikation.
Literatur:
Lindlar, Harald (2005). Innovationen in der Öffentlichkeit : die Bedeutung der Kommunikation für die Akzeptanz. In: Neue Ideen erfolgreich durchsetzen: das Handbuch der Innovationskommunikation. Frankfurt: Frankfurt Allgemeine, S. 114-120
Die Innovationskommunikation ist ein Teil der externen Kommunikation. Sie ist unverzichtbar, denn sie ist Voraussetzung dafür, dass neue kundenorientierte Services / Produkte einer möglichst großen Zahl von (potenziellen) Kunden auch bekannt wird.
Viele Bibliotheken sind der Auffassung, dass es reicht, eine Innovation bekannt zu machen, kurz bevor sie eingeführt wird. Dass Innovationskommunikation auch anders aussehen kann, zeigt uns in regelmäßigen Abständen das Unternehmen Apple: bereits lange vor der eigentlichen Einführung des Produktes wird der Kunde neugierig auf das neue Produkt gemacht – und die Community der potenziellen Käufer beteiligt sich dann aktiv an der Bekanntmachung, u.a. durch Spekulationen über neue Funktionen etc. Und wenn es so weit ist, ist das Interesse an dem Produkt bereits so groß, dass viele zu den ersten gehören möchten, das Produkt zu besitzen und zu nutzen. Das ist perfekte Innovationskommunikation; Bibliotheken können sicher nicht mit Apple mithalten, aber einiges können sie sich doch von der Innovationskommunikation Apples abgucken.
Der Innovationskommunikation kommen mehrere Funktionen zu. Ziel ist es zunächst einmal, über das neue Produkt zu informieren (Knowledge), zudem muss die Zielgruppe rational und emotional überzeugt werden (Persuation), damit das neue Produkt auch akzeptiert und gekauft wird (Decision). Und selbstverständlich soll der Kunde die Innovation nach dem Kauf auch nutzen (Implementation) und darüber eine positive Bestätigung seiner Entscheidung erhalten (Confirmation). (Rogers 1993) Diese Mehrstufigkeit der Innovationskommunikation macht deutlich, dass Innovationskommunikation mehr ist als eine Pressemitteilung herauszugeben, einen Flyer zu drucken und ggf. über die Innovation mal in Facebook oder anderen sozialen Medien zu posten, wenn sie denn eingeführt wird. Innovationskommunikation muss vielmehr wesentlicher Teil der Organisationskommunikation sein, d.h. systematisch geplant, durchgeführt und evaluiert werden. Nur dann wird der (potenzielle) Kunde Vertrauen in die Innovation entwickeln, sie in Anspruch nehmen und gleichzeitig die Einrichtung als Innovator wahrnehmen.
Mast und Zerfaß haben es treffend formuliert: „Die Innovationskommunikation einzelner Akteure, insbesondere der Unternehmen, muss professionalisiert werden. Denn die brillantesten Ideen helfen wenig, wenn verunsicherte Mitarbeiter den Fortschritt blockieren, potenzielle Kunden den Mehrwert nicht erkennen oder Journalisten sie nicht mediengerecht an ihre Leser bzw. Zuschauer vermitteln können.“ (Mast, Zerfaß 2005) Auch wenn die Aussage schon etwas älter ist, für viele Bibliotheken gilt sie noch immer. Primär gilt es, den Nutzwert zu betonen und Nutzwert darzustellen, d.h. es müssen die Vorteile beschrieben werden, z.B. eine Reduktion der Komplexität bei einer technischen Neuentwicklung oder automatisierten Dienstleistung. In diesem Kontext sei noch auf die sogenannte Verlustaversion hingewiesen. Für die Akzeptanz von Innovationen ist maßgeblich mit entscheidend, dass der Kunde durch eine Innovation keine Verluste hinnehmen muss bzw. erleidet. Muss er aufgrund von Neuerungen auf bewährte, ihm vertraute Eigenschaften / Funktionen eines Produktes oder einer Dienstleistung verzichten – was vielfach der Fall ist, so wirken die Verluste im Allgemeinen stärker als die gewonnenen Vorteile. Kahneman und Tversky haben diesen Effekt als Verlustaversion bezeichnet. (Kahneman, Tversky, 1979) Anhand einer monetären Betrachtung lässt sich dieses Empfinden gut nachvollziehen. Verluste durch sinkende Aktienkurse führen schneller zu Verärgerung und Unzufriedenheit als entsprechende gleich hohe Wertzuwächse zu Freude und Zufriedenheit. Also: Nutzwert herausstellen!
Zudem ist es wichtig, Innovationen mit den richtigen Bildern und Modellen zu verknüpfen. Wichtig bei der Einführung einer Innovation ist nicht nur der richtige Kommunikationskanal und das herausstellen des Nutzens, sondern auch oder vor allem die richtige Botschaft zum richtigen Zeitpunkt. Die Botschaft, die z.B. bei der Einführung des Walkman von Sony in den 1970er Jahren vermittelt wurde, lautete vereinfacht ausgedrückt „mobile Musik“ bzw. „mobil sein und Musikhören“. In Europa, insbesondere Deutschland war dies zu der Zeit die falsche Botschaft, da damals nur wenige Menschen in Deutschland weitere Strecken zu ihrem Arbeitsplatz zurückzulegen hatten, in Japan war es die richtige. Die Menschen dort hatten schon damals weite Wege zur Arbeit und waren täglich mehrere Stunden mit dem Zug unterwegs, um zum Arbeitsplatz zu kommen bzw. zurück. Eine spätere Botschaft von Sony stellte in Deutschland das „Eintauchen in die Musik“ in den Vordergrund. Mit dieser Botschaft wurde der Walkman auch in Deutschland ein Erfolg.
Die Innovationskommunikation weist in Bibliotheken noch ein hohes Potenzial auf, das es zu nutzen gilt. Aber wie können Bibliotheken nun vorgehen? Für eine systematische Planung kann u.a. die Beantwortung folgender Fragen hilfreich sein:
• Wie kann Innovationskommunikation strategisch organisiert werden und in die vorhandene Kommunikationsstrategie dauerhaft integriert werden?
• Wie kann allen Stakeholdern und Kunden ein ausreichendes Verständnis von Innovationen vermittelt werden, damit sie selbst auch einen aktiven Beitrag zur Innovationskommunikation leisten, z.B. durch Mund-zu-Mund-Propaganda?
• Wie transportiert man am besten die neuen Eigenschaften der Innovationen?
• Wie können die Marke der Bibliothek / das Profil der Bibliothek mit der Innovation ideal verknüpft werden, um das gewünschte Image der Bibliothek als Innovator zu stärken?
• Welche Botschaften und Bilder lassen sich mit der Innovation verbinden? (Kupczyk 2007)
Literatur:
Kahneman, D.; Tversky, A. (1979). Prospect theory: An analysis of decision under risk. Econometrica, 47/2, S.263-291.
Kupczyk, T. (2007). Innovationskommunikation auf neuen Wegen – Integrierte Kommunikation als Grundlage des Erfolgs. In: Huck, S. (Hrsg.) Innovationskommunikation, Band 3. Stuttgart: Universität Hohenheim.
Mast, C.; Zerfaß, A. (2005). Mehr Innovation durch Kommunikation – Herausforderung für Unternehmen und Medien. In: Kommunikationsmanager, 2 / 1,
Rogers E. M. (1983). Diffusion of innovations, 3. Aufl. New York: Free Press.
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