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Einrichtungen, die an (disruptiven) Innovationen scheitern, könnte man als bürokratisch, selbstgefällig, risiko- und innovationsavers bezeichnen. Dies ist aber durchaus falsch, denn diese Unternehmen sind durchaus innovativ. Diese Einrichtungen erfüllen sogar die Wünsche ihrer Kunden in perfekter Weise, daher existiert für die Innovationen bei den eigenen Kunden vielfach kein Markt – zumindest kurz- bis mittelfristig. Sie entwickeln ihre Produkte und Dienstleistungen „nur“ in deren (bestehenden) Schlüsselattributen weiter. Diese Institutionen bedienen ihre Märkte also in perfekter Weise, d.h. sie machen (eigentlich) nichts falsch, denn sie handeln streng kundenorientiert und optimieren ihre Produkte und Dienstleistungen, sodass für ihre Kunden ein Mehrwert entsteht. Zudem verfügen Sie meistens über ein hervorragendes Management.
Eine Möglichkeit, erfolgreich auf (disruptive) Innovationen zu reagieren, besteht darin, die dazu benötigten Fähigkeiten intern zu entwickeln. Eine Lösung dafür ist die „Ambidexterity“. Diese „Beidhändigkeit“ bedeutet, dass etablierte Institutionen ihre Prozesse und Werte erweitern, um so die vorhandenen Stärken sowie neue disruptive Innovationen gleichzeitig forcieren zu können. Für diese Strategie werden vier Schritte empfohlen.
1. Schritt: Beginnen bevor es nötig erscheint,
2. Schritt: Jemandem die Verantwortung übertragen, der über die notwendigen Kompetenzen verfügt und sich für Neues begeistert,
3. Schritt: ein Expertenteam bilden,
4. Schritt: alle einbinden und (ggf.) schulen.
Innovationen in Bibliotheken erfolgen inhaltlich üblicherweise evolutionär und inkremental, also wenig disruptiv.Auf der anderen Seite basieren ihre Dienstleistungen häufig auf disruptiven technischen Innovationen. Im Rahmen eines zunehmenden Wettbewerbs, der radikalen Veränderungen der Digitalisierung und des demographischen Wandels müssen Bibliotheken reagieren und selbst hinsichtlich neuer Dienstleistungen und Geschäftsmodelle aktiv werden.
Bibliotheken stehen künftig möglicherweise auch vor dem Innovator´s Dilemma wie viele Unternehmen, denn sie müssen auf der einen Seite ihre bisherigen Kunden und Zielgruppen bedienen, d.h. die Dienstleistungen, die gefragt sind, auch weiterhin anzubieten, auf der anderen Seite müssen sie aber im Sinne disruptiver Innovationen aktiv sein und neue Märkte erschließen und bedienen.

Weiterführende Literatur:
Christensen, C. M.; Matzler, K.; von den Eichen, S. F.: The Innovator´s Dilemma, München: Franz Vahlen, 2011
Christensen, C. M. / Raynor, Michael E. (Solution, 2003): The Innovator’s Solution: Creating and sustaining successful growth, Boston 2003.

Bessere Services durch Teilen und Tauschen? Der Handel macht es uns vor. Kennzeichen der Ökonomie des Teilens ist die gemeinsame Nutzung von Ressourcen. „Eigentum“ – im weitesten Sinne – wird geteilt. Dies können Gegenstände, Räume, Ideen oder Wissen sein. Damit bietet Teilen ungeahnte Möglichkeiten zur Verbesserung von Services – auch in Bibliotheken.

Teilen und Tauschen liegen im Trend. Laut PWC-Studie möchten rund zwei Drittel der Deutschen Produkte oder Dienstleistungen teilen oder auch leihen. Und Immerhin 46% der Bevölkerung haben ein solches Angebot schon einmal genutzt, fast zwei Drittel planen, es in den nächsten zwei Jahren zu nutzen [1].  Das Motto, das dahinter steht lautet: „Nicht jeder muss alles besitzen, aber durch Serviceleistungen und kollaborative Angebote kann […] [das Leben] flexibler gestaltet werden.“ [2] Geschäftsmodelle des Teilens gibt es schon seit jeher: den Lesezirkel, die landwirtschaftlichen Genossenschaften, die Autovermietung etc. und letztendlich auch die Bibliotheken. Aber warum ist gerade jetzt ein Trend daraus entstanden, dem sogar der Begriff der Ökonomie zugeteilt wird?

Bibliotheken teilen seit jeher, sie sind somit Teil der Ökonomie des Teilens, doch wenn von der Ökonomie des Teilens oder Shareconomy die Rede ist, spricht (fast) niemand von Bibliotheken. Warum? Neue Technologien haben neue Geschäftsmodelle ermöglicht, wie sie z.B. Airbnb oder UBER entwickelt haben. Das Teilen geht schneller, die Verbreitung ist immens, und die Koordination ist viel einfacher geworden. In der Kombination von Big Data, Cloud Computing, Sensoren und GPS-Systemen werden reale und virtuelle Welt zusammengeführt. Die gesammelten Daten ermöglichen es dann, freie Ressourcen real-time und passgenau den Kunden anzubieten. Das ist das eigentlich Neue und Faszinierende.

Bibliotheken wenden bislang weitestgehend eher klassische Geschäftsmodelle an: und wenn sie jetzt dazu übergehen, auch Akku-Bohrer, Energiemessgeräte etc. auszuleihen, so ist das nichts Neues. Bibliotheken sollten daher einen Schritt weitergehen, wenn sie als aktiver Partner der Ökonomie des Teilens wahrgenommen werden wollen / sollen. Und einige Bibliotheken machen es bereits vor: die Stadtbibliothek München bietet Sprachtandems an, in denen die Partner ihre jeweiligen Fremdsprachenkenntnisse vertiefen, zudem können Menschen „ausgeliehen“ werden und zu einem ungewöhnlichen Beruf oder dem Herkunftsland befragt werden [3].  In den Makerspace-Workshops der Stadtbibliothek Köln lernen die Teilnehmer voneinander. Auch das ist Ökonomie des Teilens, bei der sich Bibliotheken aber gegenüber der Kommerzialisierung des Tauschens und Teilens profilieren können.

Und Bibliotheken haben noch viel mehr zu bieten, z.B. Räume, Beratungskompetenzen etc.
Bibliotheken müssen darauf achten, dass ihnen nicht ein weiteres Feld, das sie eigentlich seit jeher besetzen, abhandenkommt, so wie dies z.B. im Bereich der Personalisierung geschehen ist. Bibliotheken tun vieles, aber sie reden nicht darüber, und sie passen sich nicht oder häufig zu spät den Trends ihrer (neuen) Wettbewerber an. Jetzt haben sie noch die Chance, mit an Bord des Zuges zu bleiben.


[1] Vgl. PWC (2015): Teilen und Tauschen liegen im Trend: Jeder zweite Deutsche nutzt Share Economy. 29.06.2015. URL: http://www.pwc.de/de/pressemitteilungen/2015/handels-und-konsumgueterbranche-starker-wertzuwachs-durch-onlinehandel.html
[2] Schreglmann, B. (2013). Flexible Zukunft des Wohnens. In Salzburger Nachrichten, 09.03.2013. URL: http://www.salzburg.com/nachrichten/rubriken/besteimmobilien/immobilien-nachrichten/sn/artikel/flexible-zukunft-des-wohnens-50345/
[3] Vgl. Detlefs, B. (2016). Bibliotheken als Sharing-Partner. Alles andere als altmodisch. Goethe-Institut, April 2016. URL: https://www.goethe.de/de/kul/bib/20734038.html