Alle Bibliotheken in Deutschland sind aufgerufen, sich an der Umfrage zur Barrierefreiheit zu beteiligen, um einen detaillierten Überblick zum aktuellen Stand zu erhalten. Die Umfrage läuft bis zum 13.11.2023.
Die dbv-Kommission »Kundenorientierte und inklusive Bibliotheksservices« möchte über eine Umfrage unter den dbv-Mitgliedsbibliotheken den aktuellen Stand der Barrierefreiheit in Bibliotheken aller Sparten in Deutschland ermitteln. Inwiefern ist die Verpflichtung öffentlicher Einrichtungen zur Umsetzung von Inklusion und gesellschaftlicher Teilhabe für alle Menschen in allen Lebensbereichen (UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung in Deutschland, 2009) umgesetzt, welche Hindernisse bestehen dabei.
Als Kooperationspartnerin konnte Professorin Elke Greifeneder und ihr Team vom Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin gewonnen werden.
Alle Mitgliedsbibliotheken des dbv wurden bereits per Mail zur Teilnahme an der Umfrage aufgefordert. Ihre Teilnahme hilft, politische Forderungen aus bestehenden Problemfeldern ableiten zu können, Anforderungen in Bezug auf Aus- und Weiterbildung, Einsatz des Bibliothekspersonals zu ermitteln und dadurch positive Veränderungen auf Barrierefreiheit in Bibliotheken zu bewirken, um eine inklusive Umgebung für alle zu schaffen.
Sollte Ihre Bibliothek nicht angeschrieben worden sein, können Sie gerne folgenden Link zur Teilnahme an der Umfrage nutzen und auch gerne an die Person in Ihrer Bibliothek weiterleiten, die am meisten mit der Thematik der Barrierefreiheit vertraut ist. Fachliche Vorkenntnisse sind für die Umfrage jedoch nicht erforderlich. https://umfrage.hu-berlin.de/index.php/681163?lang=de
https://dev-blog-sk.bibliotheksverband.de/wp-content/uploads/2022/01/dbv_logo_2019.png00Anke Quasthttps://dev-blog-sk.bibliotheksverband.de/wp-content/uploads/2022/01/dbv_logo_2019.pngAnke Quast2023-10-21 16:03:522023-10-21 16:03:53Sind deutsche Bibliotheken barrierefrei? Umfrage zur Barrierefreiheit in deutschen Bibliotheken gestartet
Eine niederschwellige Kund*innen-Befragung der Bibliothek im Brauhaus Willich, Beitrag von Katrin Hufschmidt, Leiterin der Bibliothek im Brauhaus (Willich)
1. Gegebenheiten
In der Bibliothekslandschaft Willichs sind wir als Bibliothek im Brauhaus (BiB) die Juniorpartnerin. Vier kirchliche, 3 katholische und eine evangelische, Büchereien gab es schon viele Jahre bevor die Stadt sich vom Bücherbus des Kreises Viersen unabhängig machte und eine eigenen Stadtbücherei in einer Ortsrandlage auf dem Gelände einer Schule gründete. Nach gutem Start gingen die Nutzendenzahlen über die Jahre immer weiter zurück. Auch die Zusammenarbeit mit den beiden direkt angrenzenden Schulen fruchtete nicht, so stand die Stadt schließlich vor der Wahl, die Stadtbücherei nach 25 Jahren wieder zu schließen oder mit einem neuen Konzept, die Bibliothek als 3. Ort und niederschwelligem Zugang zur Informationsgesellschaft und an einem neuen Standort neu zu starten. Dies wurde 2018 auf den Weg gebracht. Im September 2019 wurde die neue Bibliothek im Brauhaus im Kern des Stadtteils Schiefbahn in einer ehemaligen Gaststätte eröffnet. Zwar wurde das alte Mobiliar mit umgezogen, aber das Architekturbüro UKW aus Krefeld hatte neue Akzente mit einzelnen neuen Möbeln gesetzt.
Die BiB hat ca. 11.000 Medien, 35 Wochenöffnungsstunden und 3 Mitarbeiterinnen. Der Zugang ist niederschwellig, es werden keine Jahres- oder Ausleihgebühren erhoben.
Meine erste Amtshandlung als neue Leiterin bestand darin, innerhalb von acht Wochen einen Antrag auf Fördermittel für eine Neumöblierung und ein Marketingkonzept an das Land NRW zu formulieren, der 2020 positiv beschieden und bis Mai 2021 auch umgesetzt wurde.
2. Niederschwellige Mitwirkung der Kundschaft an der Ausgestaltung der neuen Bibliothek im Brauhaus
2.1 Befragung
Da ich meine neue Kundschaft und ihre Ideen noch nicht kannte, und es einen Neustart geben sollte, der Bibliothek und Nutzende näher zusammenbringen sollte, kam ich auf die Idee, eine niederschwellige Besuchenden-Befragung durchzuführen. Zeit für einen Design-Thinking-Prozess gab es nicht. UKW hatte für die Zwischenzeit große Holzpaneele an den Wänden installiert, die für diese Befragung genutzt werden konnten.
An den Holzwänden wurde die Frage „für die neue Stadtbibliothek wünsche ich mir“ angebracht und unbeschriftete Moderationskarten und Stifte bereitgelegt. Die Frage war bewusst offen gehalten, um dem offenen Konzept Rechnung zu tragen. Das bedeutet, dass Wünsche zu allen Belangen, Möblierung, Räumen, Bestand und Veranstaltungen geäußert werden konnten. Alle Besuchenden des Hauses wurden angesprochen, doch bitte ihre Wünsche zu äußern und schriftlich auf den Karten zu notieren. Da während des Befragungszeitraumes zwei Stadtfeste stattfanden, an denen die BiB geöffnet war, gaben auch Nicht-Kund*innen ihre Wünsche ab.
Eine Antwort auf den jeweiligen Wunsch erfolgte auch über diese Wand. Hier wurde unterschieden nach kurzfristig zu erfüllenden Wünschen, wie Medientiteln, mittelfristigen, wie nach neuen Bestandgruppen, längerfristigen, wie Möblierungs- und Veranstaltungswünschen und nicht erfüllbaren Wünschen. Jeder Wunsch bekam eine Antwort incl. Umsetzungstermin.
2.2 Auswertung:
Insgesamt wurden in acht Wochen 117 Wünsche geäußert. Das mag wenig erscheinen, aber da die Befragung für das BiB-Team komplettes Neuland war, waren wir ganz zufrieden. Sowohl Titel- und Medienwünsche als auch Wünsche nach neuen Medienarten (Tonies, Mangas) wurden geäußert. Außerdem wurden Wünsche zu Veranstaltungen (Buchclub, Quizabend, Vorlesen für Kinder), Möblierung (Kinderleseecke, Sitzsäcke) und Ausstattung (besseres Licht, WLAN) notiert.
Zudem wurden Wunschzettel mit Lob für die neuen Räumlichkeiten und das Team aufgehängt.
Medienwünsche wurden in der Regel positiv beschieden, solange Etat vorhanden war und sie in das Bestandsprofil passten. Der Wunsch nach Tonies (Erstbestand) wurde erfüllt, sie erfreuen sich, wie in allen Bibliotheken, einer sehr hohen Beliebtheit. Der Wunsch nach Mangas ist noch offen. Wenn Mangas angeschafft werden, müssen wir mehrere Reihen anschaffen und diese möglichst vollständig. Das bindet viel Etat für alte Ausgaben.
Die Wünsche nach Veranstaltungen konnten wir alle erfüllen. Aus den Wünschen haben wir jetzt drei Veranstaltungsreihen entwickelt:
– die Reihe BiB-Quiz mit einem vierteljährlich stattfindenden Kneipenquiz, startete noch 2019
– die Reihe BiB-Buchclub, zwei Lesekreise treffen sich monatlich in der BiB, startete im Januar 2020 und
– die Reihe Vorlesen mit BiBi und Emmi. BiBi und Emmi sind die Maskottchen der Kooperationsveranstaltung mit der Bücherei der Emmaus-Kirchengemeinde. Monatlich findet ein Vorlesenachmittag für Kinder wechselnd in beiden Bibliotheken statt. Der Start der Reihe war für das Frühjahr 2020 geplant, konnte aber wegen Corona nicht stattfinden. Im Mai 2022 konnte das Vorlesen zum Glück endlich starten.
Die Wünsche, die bezüglich der Möblierung und der Räumlichkeiten geäußert wurden, wie WLAN, besseres Licht in allen Räumen, gemütliche Sitzecken, Sitzsäcke usw. wurden den Innenarchitekten mitgeteilt und von diesen in die Planung integriert. Sie alle konnten umgesetzt werden und tragen so zum neuen Ambiente der BiB bei. Besonderer Clou sind die Kinderstühle. UKW stellte unterschiedliche Möglichkeiten für die Bestuhlung vor. Wir gaben die Vorschläge in eine Kita und die Kitakinder entschieden sich für ein Modell, welches dann angeschafft wurde: Diese Stühle sind ein Highlight in der Kinderbücherei, sowohl Eltern und Kinder, als auch Kolleg*nnen aus anderen Bibliotheken sind begeistert.
Auch wir Mitarbeiterinnen hatten natürlich Wünsche für die neue BiB. Das betraf hauptsächlich die Regalgestaltung und die Gestaltung einzelner Bereiche. Auch diese Wünsche wurden komplett umgesetzt.
Foto links: Sitzecke im Romanbereich [Foto: Stadt Willich] – Foto mittig: Stühlchen in der Kinderbücherei – Foto rechts: Jaadestuuv [Fotos beide: Architekturfotografie Jens Kirchner]
3. Fazit
Mein Fazit, dass ich aus der niederschwelligen Befragung der Bibliotheksnutzer*innen ziehen:
– Zum einen: Die Abfrage und die Umsetzung der Kund*innenwünsche tragen zu einer positiven Identifizierung mit dem Haus bei. Die Menschen fühlen sich mit ihren Bedürfnissen ernst genommen und sehen, dass wir für sie da sind. Selbst wenn ein Wunsch einmal abgelehnt werden muss, erfahren sie durch die begründete Ablehnung Wertschätzung.
– Zum zweiten: Das Feedback der Menschen, die in die BiB kommen, ist ausschließlich positiv! Alle umgesetzten Wünsche werden gut angenommen, die Mitwirkung der Kundschaft wirkt sich positiv auf die Nutzung der Bibliothek aus. Wir haben gemeinsam mit den Bürger*innen den schönsten Wohlfühlort der Stadt Willich geschaffen und füllen ihn mit Leben.
– Zum dritten: Wir haben den Befragungsprozess verstetigt und eine sogenannte „Wunschkarte“ eingeführt. Diese fragt ganz allgemein Vorschläge für die BiB ab. Die Besuchenden können jegliche Vorschläge für Medien, Veranstaltungen usw. äußern und bekommen immer eine Antwort.
Unterm Strich: Unsere niederschwellige Kund*innen-Befragung hat sich gelohnt! Mit wenig Aufwand haben wir ein nachhaltig positives Ergebnis erzielt. Wir werden diese Art der Befragung sicher weiterhin anwenden.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen Spaß am Dialog mit Ihren Nutzenden! Denn für die sind wir da!
https://blog-servicekommission.bibliotheksverband.de/wp-content/uploads/2022/10/001_jk020921mon.jpg16051800Claudia Büchelhttps://dev-blog-sk.bibliotheksverband.de/wp-content/uploads/2022/01/dbv_logo_2019.pngClaudia Büchel2022-11-30 10:00:002023-05-04 11:25:38„Was wünsche ich mir für die neue Stadtbibliothek im Brauhaus?“