Neben der Kommunikation von Innovationen nach außen (s. Blogbeitrag Externe Innovationskommunikation) ist es mindestens so wichtig, Planungen, Ideen und Innovationen auch frühzeitig nach innen unter den Mitarbeitern zu kommunizieren. Innovationen bringen vielfach Veränderungen innerhalb der Bibliothek mit sich: diese können u.a. bekannte, vorhandene Strukturen / Produkte, Arbeitsabläufe / Prozesse oder Verantwortlichkeiten betreffen. Die interne Innovationskommunikation ist das geeignete zentrale Instrument, einen offenen Umgang über die Veränderungen des Arbeitsalltags und der Produkte zu schaffen.
In die interne Innovationskommunikation sollten alle Mitarbeiter eingebunden sein, und sie sollten alle in gleicher Weise und im gleichen Umfang informiert werden. Nur dann kann eine innovationsförderliche Arbeitsumgebung geschaffen werden.
Eine offene und transparente interne Kommunikation sollte mindestens folgende Aspekte berücksichtigen (vgl. Lindlar 2005).
Erweiterung des Wissens
Innerhalb der Bibliothek muss den Mitarbeitern das Wissen über eine Innovation und deren Veränderungen vermittelt werden. Die Kommunikation muss so transparent sein, dass alle Mitarbeiter die Neuerung verstehen und auch nachvollziehen können. Zudem müssen Mitarbeiter ggf. rechtzeitig geschult werden, wenn die Innovation neue / andere Kenntnisse erfordert, und zwar bevor mögliche Ängste und Aversionen gegen die Innovation entstehen.
Vermeiden von Gerüchten
Unwissenheit und Unsicherheit bringen oft falsche Vorstellungen mit sich. Wenn diese informell transportiert werden, entstehen Gerüchte, die kontraproduktiv für die Innovation sind. Und noch schlimmer ist es, wenn Mitarbeiter erzählen, dass sie mit der Innovation nichts zu tun haben. Damit vermitteln sie im Kundenkontakt wenig Transparenz und geben ggf. auch an den Kunden falsche Informationen weiter.
Einsicht in die Notwendigkeit
Alle Mitarbeiter sollten die Notwendigkeit der Innovation erkennen, verstehen und auch akzeptieren. Sonst läuft die Bibliothek Gefahr, dass die Mitarbeiter später gegen die Innovation arbeiten und sie auch gegenüber dem Kunden nicht positiv darstellen, ja im schlimmsten Fall blockieren.
Abbau kognitiver Dissonanzen
Die Mitarbeiter haben stets Vorstellungen von Veränderungen, die sich auf der Basis von Erfahrungen und Erkenntnissen bilden. So können z.B. Ängste entstehen, den künftigen Anforderungen aufgrund der Ausbildung nicht gewachsen zu sein.
Schaffen von Visionen
Bei den Mitarbeitern eine Vorstellung davon geschaffen werden, was die Neuerung bewirken kann und soll. Es geht also darum, eine Vision aufzubauen, die den Zielzustand beschreibt. Aus dieser Vision muss deutlich hervorgehen, dass sich die Anstrengungen, zusätzlichen Belastungen und Veränderungen lohnen werden.
Erfolgsmeldungen
Nach Einführung geht es darum, Erfolge, Verbesserungen etc. zu kommunizieren und / oder auch zu feiern. Nur dann werden die Mitarbeiter auch künftig bereit sein, weitere Innovationen mit zu unterstützen und aktiv die Innovationen zu „vermarkten“.
Die interne Innovationskommunikation ist somit wie die externe Innovationskommunikation ein strategisches Instrument, das den gesamten Innovationsprozess begleiten sollte. Und es ist in der Tat wichtig, alle Mitarbeiter zu informieren, auch die, die vielleicht nicht oder nur wenig mit der Innovation in Berührung kommen. Nur so kann ein gutes Bibliotheksklima erhalten bleiben. Im Idealfall verknüpfen und verzahnen Bibliotheken die externe und die interne Innovationskommunikation.

Literatur:

Lindlar, Harald (2005). Innovationen in der Öffentlichkeit : die Bedeutung der Kommunikation für die Akzeptanz. In: Neue Ideen erfolgreich durchsetzen: das Handbuch der Innovationskommunikation. Frankfurt: Frankfurt Allgemeine, S. 114-120

Die Innovationskommunikation ist ein Teil der externen Kommunikation. Sie ist unverzichtbar, denn sie ist Voraussetzung dafür, dass neue kundenorientierte Services / Produkte einer möglichst großen Zahl von (potenziellen) Kunden auch bekannt wird.
Viele Bibliotheken sind der Auffassung, dass es reicht, eine Innovation bekannt zu machen, kurz bevor sie eingeführt wird. Dass Innovationskommunikation auch anders aussehen kann, zeigt uns in regelmäßigen Abständen das Unternehmen Apple: bereits lange vor der eigentlichen Einführung des Produktes wird der Kunde neugierig auf das neue Produkt gemacht – und die Community der potenziellen Käufer beteiligt sich dann aktiv an der Bekanntmachung, u.a. durch Spekulationen über neue Funktionen etc. Und wenn es so weit ist, ist das Interesse an dem Produkt bereits so groß, dass viele zu den ersten gehören möchten, das Produkt zu besitzen und zu nutzen. Das ist perfekte Innovationskommunikation; Bibliotheken können sicher nicht mit Apple mithalten, aber einiges können sie sich doch von der Innovationskommunikation Apples abgucken.
Der Innovationskommunikation kommen mehrere Funktionen zu. Ziel ist es zunächst einmal, über das neue Produkt zu informieren (Knowledge), zudem muss die Zielgruppe rational und emotional überzeugt werden (Persuation), damit das neue Produkt auch akzeptiert und gekauft wird (Decision). Und selbstverständlich soll der Kunde die Innovation nach dem Kauf auch nutzen (Implementation) und darüber eine positive Bestätigung seiner Entscheidung erhalten (Confirmation). (Rogers 1993) Diese Mehrstufigkeit der Innovationskommunikation macht deutlich, dass Innovationskommunikation mehr ist als eine Pressemitteilung herauszugeben, einen Flyer zu drucken und ggf. über die Innovation mal in Facebook oder anderen sozialen Medien zu posten, wenn sie denn eingeführt wird. Innovationskommunikation muss vielmehr wesentlicher Teil der Organisationskommunikation sein, d.h. systematisch geplant, durchgeführt und evaluiert werden. Nur dann wird der (potenzielle) Kunde Vertrauen in die Innovation entwickeln, sie in Anspruch nehmen und gleichzeitig die Einrichtung als Innovator wahrnehmen.
Mast und Zerfaß haben es treffend formuliert: „Die Innovationskommunikation einzelner Akteure, insbesondere der Unternehmen, muss professionalisiert werden. Denn die brillantesten Ideen helfen wenig, wenn verunsicherte Mitarbeiter den Fortschritt blockieren, potenzielle Kunden den Mehrwert nicht erkennen oder Journalisten sie nicht mediengerecht an ihre Leser bzw. Zuschauer vermitteln können.“ (Mast, Zerfaß 2005) Auch wenn die Aussage schon etwas älter ist, für viele Bibliotheken gilt sie noch immer. Primär gilt es, den Nutzwert zu betonen und Nutzwert darzustellen, d.h. es müssen die Vorteile beschrieben werden, z.B. eine Reduktion der Komplexität bei einer technischen Neuentwicklung oder automatisierten Dienstleistung. In diesem Kontext sei noch auf die sogenannte Verlustaversion hingewiesen. Für die Akzeptanz von Innovationen ist maßgeblich mit entscheidend, dass der Kunde durch eine Innovation keine Verluste hinnehmen muss bzw. erleidet. Muss er aufgrund von Neuerungen auf bewährte, ihm vertraute Eigenschaften / Funktionen eines Produktes oder einer Dienstleistung verzichten – was vielfach der Fall ist, so wirken die Verluste im Allgemeinen stärker als die gewonnenen Vorteile. Kahneman und Tversky haben diesen Effekt als Verlustaversion bezeichnet. (Kahneman, Tversky, 1979) Anhand einer monetären Betrachtung lässt sich dieses Empfinden gut nachvollziehen. Verluste durch sinkende Aktienkurse führen schneller zu Verärgerung und Unzufriedenheit als entsprechende gleich hohe Wertzuwächse zu Freude und Zufriedenheit. Also: Nutzwert herausstellen!
Zudem ist es wichtig, Innovationen mit den richtigen Bildern und Modellen zu verknüpfen. Wichtig bei der Einführung einer Innovation ist nicht nur der richtige Kommunikationskanal und das herausstellen des Nutzens, sondern auch oder vor allem die richtige Botschaft zum richtigen Zeitpunkt. Die Botschaft, die z.B. bei der Einführung des Walkman von Sony in den 1970er Jahren vermittelt wurde, lautete vereinfacht ausgedrückt „mobile Musik“ bzw. „mobil sein und Musikhören“. In Europa, insbesondere Deutschland war dies zu der Zeit die falsche Botschaft, da damals nur wenige Menschen in Deutschland weitere Strecken zu ihrem Arbeitsplatz zurückzulegen hatten, in Japan war es die richtige. Die Menschen dort hatten schon damals weite Wege zur Arbeit und waren täglich mehrere Stunden mit dem Zug unterwegs, um zum Arbeitsplatz zu kommen bzw. zurück. Eine spätere Botschaft von Sony stellte in Deutschland das „Eintauchen in die Musik“ in den Vordergrund. Mit dieser Botschaft wurde der Walkman auch in Deutschland ein Erfolg.
Die Innovationskommunikation weist in Bibliotheken noch ein hohes Potenzial auf, das es zu nutzen gilt. Aber wie können Bibliotheken nun vorgehen? Für eine systematische Planung kann u.a. die Beantwortung folgender Fragen hilfreich sein:
• Wie kann Innovationskommunikation strategisch organisiert werden und in die vorhandene Kommunikationsstrategie dauerhaft integriert werden?
• Wie kann allen Stakeholdern und Kunden ein ausreichendes Verständnis von Innovationen vermittelt werden, damit sie selbst auch einen aktiven Beitrag zur Innovationskommunikation leisten, z.B. durch Mund-zu-Mund-Propaganda?
• Wie transportiert man am besten die neuen Eigenschaften der Innovationen?
• Wie können die Marke der Bibliothek / das Profil der Bibliothek mit der Innovation ideal verknüpft werden, um das gewünschte Image der Bibliothek als Innovator zu stärken?
• Welche Botschaften und Bilder lassen sich mit der Innovation verbinden? (Kupczyk 2007)

Literatur:
Kahneman, D.; Tversky, A. (1979). Prospect theory: An analysis of decision under risk. Econometrica, 47/2, S.263-291.
Kupczyk, T. (2007). Innovationskommunikation auf neuen Wegen – Integrierte Kommunikation als Grundlage des Erfolgs. In: Huck, S. (Hrsg.) Innovationskommunikation, Band 3. Stuttgart: Universität Hohenheim.
Mast, C.; Zerfaß, A. (2005). Mehr Innovation durch Kommunikation – Herausforderung für Unternehmen und Medien. In: Kommunikationsmanager, 2 / 1,
Rogers E. M. (1983). Diffusion of innovations, 3. Aufl. New York: Free Press.

Bibliotheken verfügen vielfach über ungenutzte Schätze, können sie aber nicht ihren Kunden verfügbar machen, da sie nicht über die notwendigen Kapazitäten oder auch nicht über die Kenntnisse verfügen. Die Crowd – die Öffentlichkeit – verfügt dagegen vielfach genau über dieses Wissen. Crowdsourcing ist somit eine Möglichkeit, die kundenorientierten Services auszuweiten bzw. zu optimieren.

Gebert definiert Crowdsourcing wie folgt: „Ein heterogener, nicht-definierter Personenkreis arbeitet im globalen Raum zusammen an einem gemeinsamen Ziel.“ Über Crowdsourcing können z.B. Aufgaben, die eine Einrichtung alleine nicht bewältigen kann, an Externe ausgelagert werden. Neu ist das Phänomen des Crowdsourcings jedoch nicht. Schon in der Vor-Internet-Zeit haben viele Beispiele von Crowdsourcing-ähnlichen Arbeitsgemeinschaften existiert. Das sicher bekannteste Beispiel eines frühen Crowdsourcings ist das Oxford English Dictionary: ihre Begründer hatten Mitte des 19. Jahrhunderts das ehrgeizige Ziel, ein Inventar der gesamten englischen Sprache zum damaligen Zeitpunkt, das zudem die historische Entwicklung einzelner Wörter abbilden sollte, zu schaffen. 1879 erfolgte der Aufruf an die englische Bevölkerung mit der Bitte, Belegstellen für alltägliche und ungewöhnliche Wörter zuzusenden. Und dem Prinzip ist das Oxford English Dictionary bis heute treu geblieben, wobei es vor allem die Suche nach Erstbelegen – also den ersten schriftlich dokumentierten Verwendungen von Wörtern – geht. Diese werden häufig von Laien an die Redaktion geschickt, wo sie dann sorgfältig geprüft werden, bevor sie aufgenommen werden.
Allerdings haben besonders die Web 2.0-Mechanismen und -Möglichkeiten den Einsatz der Masse stark vereinfacht. Modernes Crowdsourcing wird als eine Online-Aktivität verstanden, wobei das Internet als Bedingung vorausgesetzt wird. Non-Profit-Organisationen fungieren ebenso wie Unternehmen und Institutionen als Auftraggeber – als Crowdsourcer. Auf der anderen Seite stehen die Auftrags- bzw. Aufgabenempfänger – die Crowd, die gemeinsam an Lösungen einer konkreten Aufgabenstellung arbeitet. Die Crowdworker, die Mitglieder der Crowd, sind somit eine heterogene Gruppe von Individuen mit unterschiedlichen Kenntnissen, die über einen (offenen) Aufruf zur freiwilligen Mitarbeit an der Lösung von konkret gestellten Aufgaben motiviert und aktiviert werden.
Immerhin geht man davon aus, dass rund 10-40% aller Kunden bereit sind, sich an Crowdsourcing oder Open Innovation zu beteiligen. Und selbst wenn es nur ein Prozent ist, dann bekommt jede Bibliothek einen zusätzlichen Input zu Projekten, die sie möglicherweise alleine gar nicht alleine hätte stemmen können. Allerdings gilt auch im Crowdsourcing-Prozess die typische 90-9-1-Regel, die besagt, dass nur ein Prozent der Teilnehmer die realisierbaren Inhalte erstellen, neun Prozent sich an der Modifizierung der Inhalte beteiligen, während 90 Prozent der Teilnehmer die Inhalte lediglich konsumieren.
Und wo können Bibliotheken Crowdsourcing z.B. einsetzen?
– bei der Content-Erstellung: Archiverstellung, Erhalten von Kulturgut, Transkription etc.
– bei Innovationsprojekten: Entwicklung neuer Produkte / Dienstleistungen
– im Marketing: Content-Marketing
– bei der Trendermittlung: Bestandsermittlung etc.

Der Fantasie sind letztendlich aber keine Grenzen gesetzt. Die meisten bibliothekarischen Crowdsourcing-Projekte sind jedoch dem Feld der Content-Erschließung zuzuordnen, wobei ein Schwerpunkt auf dem Erhalt von Kulturgut liegt. Die Verwendung von Crowdsourcing in Institutionen, die sich mit Kulturgut beschäftigen (Bibliotheken, Museen und Archive) bringt mehrere Vorteile mit sich. Viele der Projekte ließen sich ohne Crowd personell nicht bewältigen. Zudem werden Personen angesprochen bzw. fühlen sich angesprochen, die sich in dem Bereich sehr gut auskennen oder sich dafür begeistern. Gleichzeitig wirkt das Crowdsourcing als Marketinginstrument, denn es werden möglicherweise Zielgruppen erreicht, die bisher noch nicht im Fokus der Bibliothek standen oder die Bibliothek bisher unzureichend erschlossen hat. Zudem erlaubt diese Form des Crowdsourcings den Bürgern, ihre Interessen zu wahren. Simone Waidmann schreibt dazu: „Dies stärkt das Gefühl für Kulturgut als Gemeineigentum und die gemeinsame Verantwortung für dessen Bewahrung. Die Nutzer erhalten die Gelegenheit, sich sozial zu engagieren, ihre Zeit und Expertise zum Wohl der Gesellschaft einzubringen […]“.

Verbunden mit Crowdsourcing sind natürlich auch Risiken. So könnten bei Transkriptionsprojekten Texte manipuliert werden, oder die Bibliotheken könnten mit Spams überflutet werden, Gehört hat man davon bisher aber nichts. Und wahrscheinlich sind diese Aufgaben auch zu herausfordernd. Wer sich mit diesen Themen befasst, ist gewillt, einen ernsthaften Input mit Wert zu generieren. Crowdsourcing wird vielfach auch als digitale Jobvernichtung bezeichnet, da befürchtet wird, dass digitale Arbeitsnomaden und Selbständiger, die projektbasierte Jobs annehmen und keinerlei soziale Absicherung genießen – zum Normalfall werden könnten. Für Bibliotheken gilt diese Befürchtung sicher nicht. Die Projekte, die sich in Bibliotheken für Crowdsourcing eignen, würden ohne eine Crowd vielfach gar nicht bewältigt werden. So ist das Crowdsourcing auf jeden Fall ein Gewinn für die Kunden und in vielen Fällen auch für die Gesellschaft. Daher sollten Bibliotheken mehr Mut aufbringen, Externe – Kunden und Nicht-Kunden – stärker in ihre (Innovations-)projekte mit einzubinden.

Weitere Details und Beispiele finden sich u.a. bei:
Georgy, Ursula (2015). Crowdsourcing – Ein Leitfaden für Bibliotheken. B.I.T.online – Innovativ, Band 52. Wiesbaden: Dinges & Frick.
Waidmann, Simone (2014). Erschließung historischer Bestände mittels Crowdsourcing: eine Analyse ausgewählter aktueller Projekte. In: Perspektive Bibliothek, Bd. 3, Nr. 1, 2014, S. 33-58. 
URL: https://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/bibliothek/article/download/14020/7903

Quellen
1 Gebert, Michael, zit. nach Unterberg, Bastian (2010): Crowdsourcing (Jeff Howe). In: Michelis, Daniel.; Schildhauer, Thomas (Hrsg.). Social Media Handbuch: Theorien, Methoden, Modelle. Baden-Baden: Nomos, S. 134-148.
2 Vgl. Nielsen, Jakob (2006): The 90-9-1 Rule for Participation Inequality in Social Media and Online Communities. NN/g Nielsen Norman Group, 09.10.2016. URL: https://www.nngroup.com/articles/participation-inequality/
3 Waidmann, Simone (2014). Erschließung historischer Bestände mittels Crowdsourcing: eine Analyse ausgewählter aktueller Projekte. In: Perspektive Bibliothek, Bd. 3, Nr. 1, 2014, S. 33-58.

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Warum innovativ sein? Philip Rosenthal hat es wie folgt formuliert: „Wer aufhört besser zu werden, hat aufgehört, gut zu sein.“ Der Begriff Innovation wird heute vielfach inflationär verwendet, und es gibt eine Vielzahl von Definitionen dazu. Die Durchsetzbarkeit bzw. die Einführung auf dem „Markt“ charakterisiert eine Innovation und unterscheidet sie maßgeblich von einer Erfindung. Innovation sollte als Prozess verstanden und als solcher auch organisiert werden. Der Innovationsprozess ist u.a. durch folgende Eigenschaften charakterisiert: Komplexität, Mehrstufigkeit, Zukunftsorientierung, Kreativität, Unsicherheit und Risiko sowie Durchsetzbarkeit. Pleschak, Sabisch 1996.
Und der zentrale Aspekt des Besserwerdens ist die Orientierung der Produkte und Dienstleistungen an den Bedürfnissen der Kunden.
Der Innovationsprozess gliedert sich üblicherweise in die folgenden Stufen:
– Aufgabenstellung
– Ideensuche
– Ideengewinnung
– Ideenbewertung und –selektion
– Entwicklungsphase
– Projektphase
– Umsetzungsphase und
– Controlling.
Diese Stufen sollten aber nicht alle automatisch durchlaufen werden. Nach jeder Stufe sollte eine kritische Beurteilung der Innovation erfolgen (Stage-Gate-Prozess). Es muss also auch vorgesehen sein, ein Innovationsprojekt in einer späteren Stufe abzubrechen. Dazu bedarf es in der Bibliothek aber einer Kultur des Scheiterns. Scheitern darf in dem Kontext nicht als „Verlieren“ verstanden werden sondern als Chance, aus den möglichen Fehlern zu lernen, um die nächsten Innovationsprojekte erfolgreich(er) zu gestalten. Kriterien für den Abbruch eines Innovationsprojektes können u.a. sein:
– fehlender Kundenutzen
– fehlende Alleinstellungsmerkmale (USP)
– zu hohe Innovationskosten
– Markteintrittsbarrieren, z.B. technischer Art
– gesetzliche Rahmenbedingungen etc.
Der Ideensuche und –gewinnung kommt in dem Innovationsprozess eine ganz besondere Bedeutung zu. Um überhaupt eine Ideenbewertung und –selektion vornehmen zu können, bedarf es einer möglichst großen Zahl von Ideen. Je kleiner der Input im Rahmen des Ideenfindungsprozesses ist, desto größer ist das Risiko, nicht die besten Ideen für die Umsetzung auszuwählen bzw. auswählen zu können. Möglicherweise muss man sich mit der zweit- oder drittbesten Lösung begnügen. Die Ideen sollten nach festgelegten, objektiven Kriterien bewertet werden. Nur so besteht die Chance, dass sich die Mitarbeiter auch künftig an der Ideensuche und –gewinnung mit beteiligen. Fühlen sie sich jedoch benachteiligt behandelt, werden sie zu künftigen Innovationsprojekten möglicherweise keinen aktiven Beitrag mehr leisten. Diese Prozessorganisation muss also vor allem Raum geben für spontanen und kreativen Input aller Mitarbeiter. Kreative Ideen und ein strukturierter Ablauf sind kein Widerspruch.

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Digital-Kompass für Senioren

Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO) und Deutschland sicher im Netz e.V. (DsiN) haben ein neues Online-Angebot für ältere Menschen erstellt. Mit dabei sind auch die VerbraucherInitiative e.V., das Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit e.V. und die Stiftung Digitale Chancen.

Der Digital-Kompass für Senioren ist eine Plattform, auf der Nutzer Lehrmaterialen und praktische Tipps für ihre Schulungen und Beratungen älterer Menschen sowie für den direkten Austausch mit Gleichgesinnten finden. Die „Schulungsmaterialien und Tipps rund um das Thema Internet und Neue Medien“ umfassen Anfang Dezember 2016 109 Einträge. Für Bibliothekare etwas ungewohnt sortiert reichen die Themen von Abzocke über Seniorenakademie, Soziale Netzwerke für Ältere, Telemedizin bis hin zur Frage „Wozu verschlüsseln“. Daneben gibt es einen digitalen Stammtisch und den Blog mit aktuellen Meldungen.

www.digital-kompass.de kann man in der Beratung (nicht nur) von Senioren einsetzen oder den Hinweis auf diese Informations- und Lehrmaterialien – auch in Form eines Flyers – weitergeben.

Was hat Job-Shadowing mit kundenorientierten Services zu tun? Eine Menge, denn es ist eine hervorragende Möglichkeit, die Arbeit von Bibliotheken näher kennen zu lernen und damit auch die Arbeitsweise, die angebotenen Dienstleistungen etc.

Das ursprünglich aus den USA stammende Job Shadowing soll High-School-Schülern einen ersten Eindruck von ihrem möglichen künftigen Beruf vermitteln. Inzwischen hat sich das Konzept auch in Deutschland etabliert. Im Gegensatz zu einem Praktikum dauert das Job Shadowing jedoch nur einen Tag. Dabei begleitet der Shadower eine Person in einem Unternehmen oder einer Einrichtung während ihres normalen Berufsalltags und lernt deren Tätigkeiten und die damit verbundene Arbeitswelt real kennen. Wie die Bezeichnung es schon ausdrückt, beschränkt sich die Rolle des Shadowers auf die reine Beobachtung, d.h. der Beobachtende arbeitet selbst nicht mit.
So ein Job Shadowing-Tag hat im Allgemeinen folgenden Ablauf: Begrüßung, Kennenlernen und Informationsphase, kurze Abteilungs-/ Unternehmensführung, Teilnahme am „normalen“ Arbeitstag mit Meetings, internen und / oder externen Kundenkontakten und -terminen, Einblick in aktuelle Arbeitsaufgaben und Problemstellungen, Abschlussgespräch und Feedback.
Bisher bieten nur wenige Bibliotheken in Deutschland Job Shadowing an, obwohl sich dieses Instrument gut dafür eignet, die öffentliche Wahrnehmung von Bibliotheken zu verbessern und ein realistisches Bild des Berufs Bibliothekar zu vermitteln. Die Methode ist an amerikanischen Bibliotheken fest etabliert: dort werden Schüler im Alter von 12-18 Jahren angesprochen, so dass sie sich schon frühzeitig Gedanken zu ihrer Berufswahl machen können. Aber auch während eines Studiums bietet sich ein solches Job Shadowing an, um die verschiedenen Berufsperspektiven kennenzulernen, Kontakte zu knüpfen, mit Menschen über deren Tätigkeiten und Karrierewege zu sprechen und last but not least, ein realistisches Bild für die eigene Zukunft zu entwickeln.
Die ALA hat für Öffentliche Bibliotheken einen Leitfaden erstellt, wie ein solches Job Shadowing zu organisieren ist und wie es ablaufen sollte / könnte. Die ALA empfiehlt für Schüler, die keine Möglichkeit haben, an einem „realen“ Job Shadowing teilzunehmen, ein „virtuelles“ Job Shadowing; auch dieses ist beschrieben. Und ein solches Job Shadowing ist ebenfalls in den USA ebenfalls u.a. in Schulbibliotheken und wissenschaftlichen Bibliotheken systematisch etabliert.
Die ALA und damit auch die Bibliotheken verstehen die Methode als Job-Recruiting und Personalmarketing. In Zeiten des Fachkräftemangels, begrenzten Gehältern und Aufstiegschancen im öffentlichen Dienst könnte Job Shadowing in Deutschland ebenfalls eine geeignete Maßnahme sein, auch künftig für die Absolventen der bibliothekarischen und informationswissenschaftlichen Studiengänge attraktiv zu sein.
Weitere Informationen finden sich u.a. unter:
YALSA – Young Adult Library Services Association: YALSA´s Professional Tools – Job Shadowing Toolkit:
http://www.ala.org/yalsa/sites/ala.org.yalsa/files/content/final job shadowing toolkit public librarian.doc

Cover Update IFLA Trend Report 2016 (Ausschnitt)

Im Jahr 2013 legte die IFLA unter dem Titel „Die Wellen reiten oder von der Flut überrascht werden? Die Herausforderungen eines dynamischen Informationsumfelds meistern“ einen Bericht vor, in dem sie fünf auch für die bibliothekarische Arbeit wesentliche Trends im Internetzeitalter identifizierte:

  1. Neue Technologien erweitern die Möglichkeiten des Informationszugangs, schränken sie aber gleichzeitig auch ein;
  2. E-Learning führt zu einer Demokratisierung, aber auch zu einer Beeinträchtigung der weltweiten Bildung;
  3. die Grenzen von Privatsphäre und Datenschutz werden neu bestimmt;
  4. in hyper-vernetzten Gesellschaften verschaffen sich neue Stimmen und Gruppen Gehör;
  5. neue Technologien werden die weltweite Informationslandschaft transformieren.

Der in zahlreiche Sprachen – auch ins Deutsche – übersetzte Bericht steht auf http://trends.ifla.org/ zur Verfügung. Seine Thesen wurden weltweit in unterschiedlichsten Zusammenhängen diskutiert, was die IFLA zum Anlass genommen hat, eine aktualisierte Fassung ihres Trend-Berichts vorzulegen.

Das Dokument fasst nicht nur Kernpunkte der seit 2013 geführten Diskussion über die Inhalte des Trend-Berichts auf verschiedenen Kontinenten zusammen, sondern geht auch der Frage nach, inwiefern die damals identifizierten Trends noch gültig sind und sich heute auf Bibliotheken auswirken, welche neuen Entwicklungen absehbar sind und welche strategischen Konsequenzen Bibliothekarinnen und Bibliothekare daraus ziehen sollten.

Angesprochen werden dabei das Spannungsfeld zwischen physischem und virtuellem Raum ebenso wie die Herausforderung, mit begrenzten Ressourcen neue neben hergebrachten Services zu etablieren, aber auch Chancen, die sich für Bibliotheken aus dem aktiven Bekenntnis zu bestimmten Werten wie „Vertrauenswürdigkeit“, „Neutralität“ oder „freier, gleichberechtigter Informationszugang“ ergeben können.

Strategische Handlungsnotwendigkeiten für Bibliotheken sieht die IFLA unter anderem im Bereich des lebenslangen Lernens der im Bibliothekswesen Tätigen, aber auch hinsichtlich der Institutionalisierung von Veränderungsmanagement in Bibliotheken oder in Bezug auf politische Lobbyarbeit auf nationaler und internationaler Ebene.

Der aktualisierte IFLA-Trend-Bericht liegt derzeit noch nicht in deutscher Übersetzung vor, kann aber unter http://trends.ifla.org/files/trends/assets/trend-report-2016-update.pdf in einer englischsprachigen Fassung abgerufen werden.

Bessere Services durch Teilen und Tauschen? Der Handel macht es uns vor. Kennzeichen der Ökonomie des Teilens ist die gemeinsame Nutzung von Ressourcen. „Eigentum“ – im weitesten Sinne – wird geteilt. Dies können Gegenstände, Räume, Ideen oder Wissen sein. Damit bietet Teilen ungeahnte Möglichkeiten zur Verbesserung von Services – auch in Bibliotheken.

Teilen und Tauschen liegen im Trend. Laut PWC-Studie möchten rund zwei Drittel der Deutschen Produkte oder Dienstleistungen teilen oder auch leihen. Und Immerhin 46% der Bevölkerung haben ein solches Angebot schon einmal genutzt, fast zwei Drittel planen, es in den nächsten zwei Jahren zu nutzen [1].  Das Motto, das dahinter steht lautet: „Nicht jeder muss alles besitzen, aber durch Serviceleistungen und kollaborative Angebote kann […] [das Leben] flexibler gestaltet werden.“ [2] Geschäftsmodelle des Teilens gibt es schon seit jeher: den Lesezirkel, die landwirtschaftlichen Genossenschaften, die Autovermietung etc. und letztendlich auch die Bibliotheken. Aber warum ist gerade jetzt ein Trend daraus entstanden, dem sogar der Begriff der Ökonomie zugeteilt wird?

Bibliotheken teilen seit jeher, sie sind somit Teil der Ökonomie des Teilens, doch wenn von der Ökonomie des Teilens oder Shareconomy die Rede ist, spricht (fast) niemand von Bibliotheken. Warum? Neue Technologien haben neue Geschäftsmodelle ermöglicht, wie sie z.B. Airbnb oder UBER entwickelt haben. Das Teilen geht schneller, die Verbreitung ist immens, und die Koordination ist viel einfacher geworden. In der Kombination von Big Data, Cloud Computing, Sensoren und GPS-Systemen werden reale und virtuelle Welt zusammengeführt. Die gesammelten Daten ermöglichen es dann, freie Ressourcen real-time und passgenau den Kunden anzubieten. Das ist das eigentlich Neue und Faszinierende.

Bibliotheken wenden bislang weitestgehend eher klassische Geschäftsmodelle an: und wenn sie jetzt dazu übergehen, auch Akku-Bohrer, Energiemessgeräte etc. auszuleihen, so ist das nichts Neues. Bibliotheken sollten daher einen Schritt weitergehen, wenn sie als aktiver Partner der Ökonomie des Teilens wahrgenommen werden wollen / sollen. Und einige Bibliotheken machen es bereits vor: die Stadtbibliothek München bietet Sprachtandems an, in denen die Partner ihre jeweiligen Fremdsprachenkenntnisse vertiefen, zudem können Menschen „ausgeliehen“ werden und zu einem ungewöhnlichen Beruf oder dem Herkunftsland befragt werden [3].  In den Makerspace-Workshops der Stadtbibliothek Köln lernen die Teilnehmer voneinander. Auch das ist Ökonomie des Teilens, bei der sich Bibliotheken aber gegenüber der Kommerzialisierung des Tauschens und Teilens profilieren können.

Und Bibliotheken haben noch viel mehr zu bieten, z.B. Räume, Beratungskompetenzen etc.
Bibliotheken müssen darauf achten, dass ihnen nicht ein weiteres Feld, das sie eigentlich seit jeher besetzen, abhandenkommt, so wie dies z.B. im Bereich der Personalisierung geschehen ist. Bibliotheken tun vieles, aber sie reden nicht darüber, und sie passen sich nicht oder häufig zu spät den Trends ihrer (neuen) Wettbewerber an. Jetzt haben sie noch die Chance, mit an Bord des Zuges zu bleiben.


[1] Vgl. PWC (2015): Teilen und Tauschen liegen im Trend: Jeder zweite Deutsche nutzt Share Economy. 29.06.2015. URL: http://www.pwc.de/de/pressemitteilungen/2015/handels-und-konsumgueterbranche-starker-wertzuwachs-durch-onlinehandel.html
[2] Schreglmann, B. (2013). Flexible Zukunft des Wohnens. In Salzburger Nachrichten, 09.03.2013. URL: http://www.salzburg.com/nachrichten/rubriken/besteimmobilien/immobilien-nachrichten/sn/artikel/flexible-zukunft-des-wohnens-50345/
[3] Vgl. Detlefs, B. (2016). Bibliotheken als Sharing-Partner. Alles andere als altmodisch. Goethe-Institut, April 2016. URL: https://www.goethe.de/de/kul/bib/20734038.html

Bibliotheken liefern ihren Kunden aktuelle Informationen in Form von Büchern, Datenbanken, Zeitschriften, Zeitungen usw. Über das laufende Weltgeschehen informieren viele Einrichtungen inzwischen über TV-Bildschirme oder Online-Nachrichtenkanäle.

Solche Info-Screens finden sich meist im „Nahbereich“, im Foyer, dem Lesecafé oder an den Informations- und Auskunftsplätzen. Sie halten die Kunden auf einem aktuellen Informationsstand, machen Werbung für Veranstaltungen und verkürzen eventuelle Wartezeiten.

Während auf manchen Bildschirmen nur Nachrichten laufen, liefern andere Informationen über Bestands- und Veranstaltungsangebote der Bibliothek  oder sogar über Veranstaltungsangebote in der Region. Den Besuchern der Stadtbibliothek Ludwigsburg und der Stadtbibliothek Bielefeld werden als Mischform neben Informationen rund um die Bibliothek im Wechsel auch aktuelle Nachrichten präsentiert werden. Wie das „Netzwerk Bibliothek“ meldet, mit dem Dienst von „N24 Out of Home“.

Dieser Dienst der „hundertprozentigen Tochtergesellschaft der Axel Springer SE, die die Aktivitäten der Welt-Gruppe und des Fernsehsenders N24 bündelt“(Wikipedia, 17.10.2016)  bietet „speziell aufbereitete Vollbild-Nachrichten ohne Ton, mit Texten, Videos und Bildern aus Bereichen wie Politik, Wirtschaft, Sport, Multimedia und Panorama (optional wählbar)“ (netzwerk-bibliothek.de, 17.10.2016). Einzige Voraussetzung für die Anwendung ist ein Bildschirm mit Internetverbindung, denn das Angebot ist browserbasiert. Zusätzliche Hard- und Software sind nicht nötig.

Auf das klassische Nachrichtenprogramm  „Tagesschau 24“ setzt das Medien- und Informationszentrum Stadtbücherei Biberach. Der Bildschirm im Lesecafé liefert während 40 Öffnungsstunden pro Woche den etablierten Nachrichtensender ohne Ton. Bei Bedarf erhalten die Kunden Funkkopfhörer am Service. Getrennt davon werden an zwei Infoscreens am Service und im Aufenthaltsbereich  im Dachgeschoss Informationen zu neuen Bestandsangeboten  sowie zu eigenen und fremden Veranstaltungen in Stadt und Landkreis gegeben. Dadurch erspart sich das Bibliotheksteam  das Auf- und Abhängen vieler Plakate, was zu einer deutlichen „optischen Beruhigung“ der Bücherei beigetragen hat.

Die Kunden zeigen sich mit dem News-Angebot zufrieden und die Werbewirksamkeit –vor allem beim Screen zwischen Medienrückgabe und Information – ist hoch. Deshalb liefern auch externe Veranstaltungsanbieter ihre Angebote gerne als pdf oder jpg. Diese werden von einer Mitarbeiterin laufend in die Präsentationen eingebunden und in die Info-Screens eingespielt.

Frank Raumel

In der vergangenen Wochen haben wir in diesem Blog einen ersten Eindruck vom Schweizer Bibliothekskongress veröffentlicht. Inzwischen ist der Kongress vorbei und es ist Zeit für einen kleinen Rückblick.

Die auffälligsten Unterschiede zu den deutschen Bibliothekartagen und Bibliothekskongressen waren tatsächlich der bereits beschriebene Umgang mit der Sprachenvielfalt und die deutlich geringere Anzahl der Teilnehmer. Man kennt sich überwiegend persönlich im schweizerischen Bibliothekswesen.

Damit sind allerdings auch die augenfälligsten Unterschiede bereits genannt. Schaut man sich die in den Vorträgen und Workshops genannten Themen an, kann man sich sehr zuhause fühlen. Ein Hörsaal war für einen ganzen Tag Themen rund um RDA reserviert. An anderer Stelle gab es eine Vortragsreihe unter der Überschrift ‚Tag der öffentlichen Bibliotheken‘. Ein interessanter Vortrag stellte den Stand des Projekts Swiss Library Service Platform vor: ‚Das geplante Serviceangebot wird neben technischen Produkten (Solutions) auch Standards und Normierungen (Standards) sowie allgemein bibliothekarische Verbunddienstleistungen (Services) umfassen‘ (Website SLSP). Allerdings ist es wohl auch in der Schweiz nicht ganz einfach, gemeinsame Lösungen zu realisieren. Informationskompetenz, Datenmanagement und Ethikfragen waren Themen weiterer Vorträge.

Man trifft auch unter den Vortragenden durchaus heimische Bekannte, so wurde der Schlussvortrag von Prof. Dr. Konrad Umlauf vom IBI der Humboldt Universität Berlin gehalten und Heidrun Wiesenmüller sprach über die ‚Baustelle RDA‘. Umlaufs Thema ‚Innensichten, Außensichten, Einheit und Vielfalt‘ würde auch ganz gut als Überschrift unserer Bibliotheksreise funktionieren. Wir haben in den Tagen in Luzern interessante Einblicke in die Innensichten des Schweizer Bibliothekswesens erhalten, aber in der Kürze der Zeit unsere Außensicht sicher nicht ablegen können. Vielfältig waren die Vorträge, zeigten aber eine deutliche Übereinstimmung mit den Themen deutscher Bibliothekartage. In vielen Bereichen kommt man hier wie dort zu ‚einheit‘-lichen Schlussfolgerungen.

Lohnt sich nun rückblickend gesehen ein Ausflug über die Grenze aus fachlicher Sicht? Teuer ist’s, das steht außer Frage. Alleine der Kongressbeitrag schlägt mit über 300 Euro (für anderthalb Netto-Kongresstage!) zu Buche, die weitere Anreise, die Unterkunft und das hohe Preisniveau in der Schweiz sind einzurechnen. Entschädigt wurden wir durch den wunderschönen Kongressort, die herzliche Aufnahme durch die Schweizer Kollegen, viele interessante Gespräche und ja, auch einmal ein Heraustreten aus unserem gewohnten Kongressumfeld. Es entspannt schon etwas, wenn man mitbekommt, dass auch andernorts ähnliche Probleme diskutiert werden wie bei uns. Auch spielt bei den Vorträgen, so wenig sie inhaltlich von Vorträgen bei deutschen Kongressen abweichen, immer auch ein landesspezifischer Blickwinkel mit hinein, der die Thematik noch einmal anders beleuchtet. Also, mal ganz abgesehen von der Tatsache, dass auch noch das Wetter schön war, meinen wir durchaus, dass sich eine Stippvisite in die Schweiz auch aus fachlicher Sicht lohnen kann! Informationen über Termine (z. B. Montreux vom 29. August bis 1. September 2018) und Anmeldeformalitäten erhält man auf der Webseite des Verbandes Bibliothek Information Schweiz.