Purple Man Quality Customer Service Communication

Seit 1. Juli 2018 präsentiert sich die Kommission „Kundenorientierte Services“ des dbv in – teilweise – neuer Zusammensetzung.

Nach dem Ausscheiden von Gudrun Nelson-Busch, Prof. Dr. Ursula Georgy und Frank Raumel – ihnen allen sei herzlich für ihre engagierte Mitarbeit in der Kommission gedankt – gehören der Kommission jetzt folgende Personen an:

  • Claudia Büchel (erste Amtszeit), Leiterin der Stadtbibliothek Neuss,
  • Silke Glitsch (erste Amtszeit), Leiterin der Abteilung „Benutzung“ der Universitätsbibliothek Kiel,
  • Belinda Jopp (erste Amtszeit; Kommissionsvorsitzende), Leiterin des Referats „Benutzerservice“ an der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz,
  • Sebastian Nix (zweite Amtszeit), Leiter des Bereichs „Bibliothek und wissenschaftliche Information“ am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung,
  • Doris Schneider (zweite Amtszeit), Leiterin der Bibliothek der Technischen Hochschule Ingolstadt.

Am 5. Oktober 2018 trafen sich die Mitglieder der Kommission „Kundenorientierte Services“ des dbv zu einer internen Arbeitssitzung an der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz. Dabei legten sie erste Arbeitsschwerpunkte für die Arbeit der Kommission in den Jahren 2018 bis 2021 fest. So wird die Kommission unter anderem im Rahmen ihrer öffentlichen Arbeitssitzung beim Bibliothekskongress 2019 dem Gastland Niederlande durch mehrere Vorträge niederländischer Kolleginnen zu unterschiedlichen Aspekten der Kundenorientierung breiten Raum einräumen. Bereits im Jahr 2018 haben zwei Kommissionsmitglieder eine Bibliotheksstudienreise in die Niederlande unternommen und darüber während des Berliner Bibliothekartags 2018 berichtet. Aber auch Aspekte des Qualitätsmanagements, die systematische Einbeziehung der Kundenperspektive in die Organisationsentwicklung und Methoden zur nachhaltigen Berücksichtigung von Kundenbelangen im Rahmen der praktisch-bibliothekarischen Arbeit werden als Themen absehbar die Kommissionarbeit prägen.

Das Protokoll der internen Arbeitssitzung vom 5. Oktober 2018 steht auf der Webseite der Kommission zum Herunterladen zur Verfügung.

Bibliothek – quo vadis?

Ein spannendes Referat, lebhafte Diskussionen und rot/grüne Meinungsbilder bestimmten die öffentliche Arbeitssitzung der Kommission in Frankfurt auf dem Bibliothekartag.

Digitaler Wandel, Veränderungsdruck, Verdrängungsmechanismen … das bewegt den Handel landauf, landab. Manchmal sogar existenzbedrohend.
Wir wollten wissen: Können Bibliotheken vom Handel lernen? Lohnt ein Blick über den Tellerrand?
Die Kommission hat deshalb zum Bibliothekartag einen neuen Weg beschritten und einen externen Experten eingeladen. Prof. Dr. Stefan Rock, an der Technischen Hochschule Ingolstadt Inhaber der Lehrgebiete Handelsmanagement, Handelslogistik und Sortimentsmanagement berichtete in seinem Referat (s. Link in der Überschrift), wie der Handel sich diesem Wandel stellt, welche Strategien entwickelt werden und wo die Chancen und Risiken stecken.

Drei provokante, hier gekürzte, Thesen standen am Ende des Referats:

Wer seine Wettbewerber nicht kennt, verliert seine Kunden.
Wer die Digitalisierung verschläft, ist nicht wettbewerbsfähig.
Wer seine Kunden und ihre Wünsche nicht kennt, manövriert sich selbst aus dem Markt.

Über diese drei Thesen diskutierten die Teilnehmer in Murmelgruppen intensiv – und stimmten am Ende über jede These mit ihren grünen (Zustimmung) oder roten (Ablehnung) Moderationskärtchen ab.

Was ich gelernt habe: Nicht  ist selbstverständlich und auf Ewigkeit angelegt. Auch eine Bibliothek muss sich für ihre Kunden interessieren. Wir gewinnen nicht mit der Erfüllung der Basisaufgaben. Nur die Services, die unsere Kunden begeistern, werden uns attraktiv machen. Darüber intensiv nachzudenken lohnt allemal!

 

 

 

Markenführung gehört heute für alle Institutionen zu einem zentralen strategischen Instrument. Marken sind heute mehr als eine Kennzeichnung, sie sind ein unverwechselbares Vorstellungsbild des Kunden von einem Produkt oder einer Dienstleistung. Damit erhalten Marken so etwas wie eine eigene Persönlichkeit. Marken werden verknüpft mit Erlebnissen, Emotionen, Nutzen etc. Dazu muss die Marke unverwechselbar sein, d.h. sich von den Marken des Wettbewerbs eindeutig abgrenzen. Und dies gelingt durch Logo, Farben, Slogan, Bilder und andere Sinneswahrnehmungen wie z.B. die Haptik.
Die interne und externe Markenkommunikation ist zentrales Instrument der Markenführung. Sie erfordert heute Crossmedialität und Medienkonvergenz in gleichem Maße. Die Zahl der Kommunikationskanäle, -instrumente nimmt stetig zu, und gleichzeitig werden sie durch die sozialen Medien immer komplexer, aber auch schnelllebiger. Werden nun diese verschiedenen Kanäle gleichzeitig bedient, steigt die Gefahr von Widersprüchen, Inkonsistenz der Botschaften. Eine Lösung stellt die Medienkonvergenz dar. Hier geht es darum, die verschiedenen Medien miteinander zu verbinden und vor allem auch zu vernetzen. Jedoch zu glauben, dass Medienkonvergenz eine Vereinfachung der Kommunikation ist, irrt. Im Gegenteil, da verschiedene Ebenen zu berücksichtigen sind: die technische, inhaltliche und die „wirtschaftliche“. Gleichzeitig gilt es, die Kommunikation inhaltlich, formal und zeitlich aufeinander abzustimmen. Damit erreicht die Markenkommunikation schnell eine mehrdimensionale Struktur, die ein systematisches, strategisches Marketing voraussetzt. Zudem gilt es, die Kommunikation interaktiv, dynamisch und auch mobil zu gestalten.
Um den Anforderungen an Crossmedialität und Medienkonvergenz gerecht werden zu können, bietet es sich an, eine Marke über Kampagnen bekannt zu machen und in den Köpfen der (potenziellen) Kunden zu verankern. Sie zeichnen sich durch eine zeitliche Fokussierung, hohe Aufmerksamkeit und vor allem durch Dramaturgie aus. Bibliotheken sollten darüber nachdenken, ob sie darüber ihre Marke „Bibliothek“ stärker verankern können.
Weiterführende Literatur:
Esch, Franz-Rudolf (2014). Strategie und Technik der Markenführung, 8. Auflage, München: Franz Vahlen.
Holtzhausen, Sabrina (2015). Crossmediale Markenführung. Eine qualitative Studie zur Bedeutung der Markenpositionierung bei Medienunternehmen. Schriften zur Kommunikationswissenschaft 7. Berlin: Lit Verlag.
Schade, Frauke (2012). Markenentwicklung für Bibliotheken. In: Praxishandbuch Bibliotheks- und Informationsmarketing. Ursula Georgy u. Frauke Schade (Hrsg.). Berlin u. Boston:
De Gruyter Saur, S. 341–368.

Und schon wieder ein neuer Terminus, der im Bereich Marketing die Runde macht. Und dem Sachverhalt, der dahinter steckt, wird eine hohe Bedeutung zugemessen.
Bei Gravitational Content handelt es sich um Inhalte, die sich individuell an den Kunden anpassen; sie sind sowohl personalisiert als auch kontextbasiert und werden dem Kunden proaktiv zur Verfügung gestellt. Diese Angebote werden generiert, indem neben dem Surfverhalten – und allem was damit einher geht auch soziale Kontakte, Umgebungsdaten und verstärkt auch Stimmungen analysiert, um die Relevanz von Inhalten für den Kunden beurteilen zu können.
Da der Kunden heute verstärkt Marken kauft und nicht unbedingt Produkte, ist es notwendig, die Marketingaktivitäten so zu steuern, dass der Kunde Produkte eindeutig Marken zuordnen kann und sich bewusst oder unbewusst für die eine Marke entscheidet. Beim Gravitational Content wird nun der Einzelne zum Gravitationszentrum seines ganz individuellen Content-Universums. Eine Vielzahl von Inhalten und Informationen „kreisen“ um ihn herum und bei passendender Gelegenheit bzw. bei erkennbarem Bedarf kommen diese auf ihn zu. Mit dieser Strategie möchte man wegkommen von der Überflutung des Kunden mit Informationen. Der Kunde soll genau nur durch wichtige Informationen angezogen werden, d.h. wie bei der Gravitation herrscht eine Anziehungskraft – hier nicht zwischen Planeten sondern zwischen Kunde und Content. Im Idealfall werden Kundeninteressen bzw. –wünsche erkannt, bevor der Kunde diese selbst geäußert hat bzw. wahrgenommen hat. Aus Big Data werden Smart Data erstellt.
Unternehmen wie Amazon treiben diesen Trend z.B. mit ihrem Konzept „Anticipatory Package Shipping“ voran. Das Konzept, das sich Amazon hat patentieren lassen (Patentnummer US 8615473) geht noch einen Schritt weiter als die an die Wünsche und Interessen der Nutzer angepassten Produktempfehlungen. Künftig will Amazon Produkte bereits in die Nähe von Kunden liefern, bevor diese eine Bestellung aufgegeben haben. So können Lieferzeiten verkürzt werden, und der Kunde erhält innerhalb kürzester Zeit sein gewünschtes Produkt. Dabei nimmt Amazon in Kauf, dass es zu „falschen“ Lieferungen kommt. Diese sollen dann u.a. in Geschenksendungen umgewandelt werden. Das klingt wie Zukunftsmusik, ist es auch noch, bald aber wahrscheinlich Alltag. Aber es ist hinsichtlich Datenschutz, Datenverwertung etc. ein äußerst sensibles Thema.
Auch für Bibliotheken wird es künftig relevant sein, Inhalte dynamisch und angepasst – ohne Informationsüberflutung – dem Kunden zur Verfügung zu stellen. Bibliotheken stehen auch andere Möglichkeiten offen, die Kunden mit Gravitational Content zu versorgen – nämlich indem sie ein persönliches Verhältnis zu ihnen aufbauen. Dann ist es das, was Bibliotheken und der stationäre Buchhandel schon immer getan haben und tun, nämlich eine individuelle Empfehlung auszusprechen, wenn er Bibliothek oder Buchhandlung besucht – auch virtuell.

Weiterführende Literatur:
Amazon Technologies Inc. (2013). Method and system for anticipatory package shipping. US Patent. US 8615473 B2. https://www.google.com/patents/US8615473
Bonchek, Mark (2017): A good digital strategy creates a gravitational pull. https://hbr.org/2017/01/a-good-digital-strategy-creates-a-gravitational-pull
Trend One (o.J): Macro-Trend: Gravitational Content. (Online Quelle). https://www.trendone.com/trends/macro-trends/macro-trend-detail/gravitational-content.html

Einrichtungen, die an (disruptiven) Innovationen scheitern, könnte man als bürokratisch, selbstgefällig, risiko- und innovationsavers bezeichnen. Dies ist aber durchaus falsch, denn diese Unternehmen sind durchaus innovativ. Diese Einrichtungen erfüllen sogar die Wünsche ihrer Kunden in perfekter Weise, daher existiert für die Innovationen bei den eigenen Kunden vielfach kein Markt – zumindest kurz- bis mittelfristig. Sie entwickeln ihre Produkte und Dienstleistungen „nur“ in deren (bestehenden) Schlüsselattributen weiter. Diese Institutionen bedienen ihre Märkte also in perfekter Weise, d.h. sie machen (eigentlich) nichts falsch, denn sie handeln streng kundenorientiert und optimieren ihre Produkte und Dienstleistungen, sodass für ihre Kunden ein Mehrwert entsteht. Zudem verfügen Sie meistens über ein hervorragendes Management.
Eine Möglichkeit, erfolgreich auf (disruptive) Innovationen zu reagieren, besteht darin, die dazu benötigten Fähigkeiten intern zu entwickeln. Eine Lösung dafür ist die „Ambidexterity“. Diese „Beidhändigkeit“ bedeutet, dass etablierte Institutionen ihre Prozesse und Werte erweitern, um so die vorhandenen Stärken sowie neue disruptive Innovationen gleichzeitig forcieren zu können. Für diese Strategie werden vier Schritte empfohlen.
1. Schritt: Beginnen bevor es nötig erscheint,
2. Schritt: Jemandem die Verantwortung übertragen, der über die notwendigen Kompetenzen verfügt und sich für Neues begeistert,
3. Schritt: ein Expertenteam bilden,
4. Schritt: alle einbinden und (ggf.) schulen.
Innovationen in Bibliotheken erfolgen inhaltlich üblicherweise evolutionär und inkremental, also wenig disruptiv.Auf der anderen Seite basieren ihre Dienstleistungen häufig auf disruptiven technischen Innovationen. Im Rahmen eines zunehmenden Wettbewerbs, der radikalen Veränderungen der Digitalisierung und des demographischen Wandels müssen Bibliotheken reagieren und selbst hinsichtlich neuer Dienstleistungen und Geschäftsmodelle aktiv werden.
Bibliotheken stehen künftig möglicherweise auch vor dem Innovator´s Dilemma wie viele Unternehmen, denn sie müssen auf der einen Seite ihre bisherigen Kunden und Zielgruppen bedienen, d.h. die Dienstleistungen, die gefragt sind, auch weiterhin anzubieten, auf der anderen Seite müssen sie aber im Sinne disruptiver Innovationen aktiv sein und neue Märkte erschließen und bedienen.

Weiterführende Literatur:
Christensen, C. M.; Matzler, K.; von den Eichen, S. F.: The Innovator´s Dilemma, München: Franz Vahlen, 2011
Christensen, C. M. / Raynor, Michael E. (Solution, 2003): The Innovator’s Solution: Creating and sustaining successful growth, Boston 2003.

 

 

Gastkommentar von Bibliotheksleiter Thomas Christoph

Bibliotheksleiter Unterschleißheim

Thomas Christoph

 

„Der ausführliche Blick durch die „Kundenbrille“ hat unseren Blick geschärft und die eigenen Angebote unter einem anderen Licht erscheinen lassen.

 Der Aufwand hat sich in jedem Fall gelohnt und die Bibliotheksmitarbeiter auch deutlich als Team gestärkt.“

 

Ergebnisse der Besucherbefragung vom Oktober 2016

Trend zu rückläufigen Ausleihzahlen

Spätestens seit 2013 sind die deutschen öffentlichen Bibliotheken mit schwindenden Ausleihzahlen konfrontiert. In Unterschleißheim rutschten die Entleihungen im Jahr 2014 erstmalig unter die 250.000er Grenze und haben sich inzwischen bei knapp über 230.000 Entleihungen eingependelt. Das Ergebnis ist zwar immer noch beachtlich, aber der rückläufige Trend gab den Ausschlag zur genauen Hinterfragung der vorhandenen Bibliotheksangebote.

 

Künftige Ziele der Bibliotheksarbeit in Unterschleißheim

In den letzten Jahren fanden stetige Veränderungen und Anpassungen im Medienbereich und bei den Serviceangeboten statt. Die neue Leser- und anwenderfreundliche Bibliothekssoftware, die E-Ausleihe und neue Veranstaltungsformate sollen hier vorrangig genannt werden. Diese Neuerungen wurden gut angenommen und haben sich bewährt. Um künftig die vorhanden Personalressourcen und Etatmittel vor dem Hintergrund sinkender Nachfrage optimal einsetzen zu können, sollten die künftigen Ziele der örtlichen Bibliotheksarbeit möglichst genau ausgemacht und abgesteckt werden. Die Kombination von Rückschlüssen aus eigenen Erkenntnissen und Ideen, anderen Erfahrungen (Best Practice) und den Ergebnissen der Besucherbefragung, erschien als die beste Herangehensweise.

Besucherbefragung der Stadtbibliothek Unterschleißheim

Der Fragebogen lag sechs Wochen in der Bibliothek aus und wurde von den Mitarbeiterinnen mit großem Erfolg aktiv beworben. Von den abgegebenen Fragebögen konnten 425 ausgewertet werden. Bei einer Beteiligung von über 10% der aktiven Leser kann durchaus von einem repräsentativen Ergebnis gesprochen werden. Die Teilnahme war ab einem Alter von 15 Jahren möglich und der Altersschwerpunkt liegt bei den 36- bis 65-jährigen, die in erster Linie berufstätig sind (55%) und sich in zweiter Linie schon im Ruhestand befinden (25%). 72% der Teilnehmenden sind weiblich und 28% männlich.

Insgesamt wurde um die Beantwortung von 34 Fragen gebeten. Gegliedert waren die Fragen in die Bereiche Bibliotheksnutzung (11 Fragen), Angebot und Service (9 Fragen, wobei sich die Frage „Wie zufrieden sind Sie mit unserem Medienangebot“ aus 11 Einzelfragen zu den jeweiligen Medienguppen zusammensetzte). Abschließend wurden drei allgemeine Fragen zur Person gestellt und Platz für Verbesserungsvorschläge, Anmerkungen und Anregungen gegeben.

 

Auswertung

Zur Auswertung wurden alle Fragebögen nummeriert und vollständig in eine EXCEL-Tabelle eingepflegt. Wichtig war dabei, alle 201 Verbesserungsvorschläge, Anmerkungen und Anregungen möglichst wort- und sinngemäß zu übernehmen. Danach wurden die gemischten Beiträge aufgedröselt und die 304 Einzelaspekte zu den jeweiligen Fragenbereichen sortiert.*

Die Ergebnisse wurden zusammengefasst, mit allen Beiträgen im Wortlaut ergänzt und einer ersten Analyse unterzogen. So dienten sie als Grundlage für einen Workshop des Bibliotheksteams im Februar 2017.

 

Erkenntnisse

Bei der Bibliotheksnutzung stimmen die Antworten weitgehend mit den vorhandenen Erfahrungen überein. Die durchschnittliche  Aufenthaltszeit wurde etwas länger eingeschätzt, bei der betreffenden Frage liegen die meisten Nennungen jedoch bei „bis zu einer halben Stunde“ (45%). Die meisten Befragten gaben an, den Bibliotheksbesuch mit einem Einkauf zu verbinden. In Punkto Öffnungszeiten wurde einerseits die Zufriedenheit mit den gegenwärtigen Zeiten abgefragt, andererseits auch die Möglichkeit zur detaillierten Kennzeichnung von zusätzlichen Öffnungsstunden gegeben. Die Zufriedenheit mit den bestehenden Öffnungszeiten liegt bei der vorangestellten Frage bei über 90%, bei den darauffolgenden Fragen haben sich die meisten für eine Verlängerung der Samstagsöffnung um eine Öffnungsstunde ausgesprochen. Der Wunsch nach einer Verlängerung der Samstagsöffnung wurde im Bibliotheksbetrieb schon öfters vernommen. Interessant war jedoch die Erkenntnis, dass dieser Wunsch auch von solchen Befragten kommt, die in der vorangestellten Frage mit den Öffnungszeiten durchaus zufrieden sind.

Über 30% der Befragten begrüßen eine Rückgabemöglichkeit außerhalb der Öffnungszeiten. Die Atmosphäre in der Bibliothek wird von den meisten als ruhig bewertet (43%). Auch der altbekannte Interessenkonflikt zwischen dem naturgemäß lauteren Kinderbereich einerseits und dem Wunsch nach einer möglichst ruhigen Bibliothek andererseits kommt in den Anmerkungen zum Ausdruck. In einigen Beiträge wurde auf fehlende Schmöker- und Lesesessel in der Bibliothek (ausdrücklich keine Lernarbeitsplätze) und im speziellen im Galeriegeschoss hingewiesen.

Zur besseren Übersichtlichkeit der Medienpräsentation klang bei vielen Beiträgen der Wunsch nach Gliederung und alphabetischer Aufstellung der Taschenbücher, der Hörbücher und der Sach- und Spielfilme, die noch teilweise im Gedanken des „Nahbereichs“ aufgestellt sind, an. Die Orientierung bei der Belletristik ließe sich durch die Erweiterung der bereits vorhandenen Interessenkreise verbessern, so ein vielgehegter Wunsch der Befragten. Ebenso könnte aus Sicht der Befragten ein detaillierter Bibliothekslageplan bei der Orientierung helfen.

Im Fragenbereich Angebot und Service zeigten sich über 90% mit der Freundlichkeit der Bibliotheksmitarbeiter und der Servicequalität an der Verbuchungs- und Informationstheke zufrieden.

Medienangebot: Bei den klassischen Bibliotheksmedien lagen die Zufriedenheitswerte bei über 93% und die Unzufriedenheit unter 4%. Bei den AV-Medien lag die Zufriedenheit bei gut 84%, aber die Unzufriedenheit bei über 15%. Bei den E-Books zeigten sich knapp 77% zufrieden und rund 17% unzufrieden. Über 80% kannten die Munzinger-Datenbanken nicht.

 

Maßnahmen

Umsetzung Kundenbefragungsergebnisse Unterschleißheim

Umsetzung Kundenbefragungsergebnisse Unterschleißheim

Neben kleineren Sofortmaßnahmen, wie beispielsweise die neue Tischaufstellung im Lesecafe oder die Ergänzung beliebter Kindersachbücher um weitere Staffelexemplare, sollen folgend die aufwändigeren Maßnahmen kurz erwähnt werden.

 

Mit Hilfe eines Medienrückgabesystems wäre eine Rückgabemöglichkeit außerhalb der Öffnungszeiten gegeben. Damit könnte die Servicequalität weitgehend personalneutral verbessert werden. Die Stadtbibliothek schafft ein solches Medienrückgabesystem an und nimmt es noch im 3. Quartal 2017 in Betrieb.

Zur Erhöhung der Aufenthaltsqualität wird im laufenden Jahr ein Konzept zur Ergänzung mit zusätzlichen Lese- und Schmökerplätzen erstellt. Die Bewilligung wird für 2017 angestrebt und die Umsetzung soll dann in 2018 erfolgen. Aus den vorhandenen Mitteln wurden bereits die Sitzfensterbretter im Galeriegeschoss bepolstert.

Zur Verbesserung der Medienpräsentation wurden die Hörbücher und die Sach- und Spielfilme alphabetisch aufgestellt. Daraus wurde der Wunsch nach einer publikumsfreundlicheren Aufstellung der Musik-CDs abgeleitet. Die Umstellung  der Musik-Tonträger auf eine wesentlich reduzierte und übersichtliche Klartextsystematik ist auf dem Weg und zu großen Teilen bereits fertiggestellt.

Die Romane sollen künftig nahezu vollständig nach Interessenkreisen aufgestellt werden. Die planerischen Vorarbeiten haben bereits begonnen und die schrittweise Neuaufstellung wird bis zum Jahresende abgeschlossen sein.

Mit Unterstützung des Bauamts wird die Umsetzung eines aussagekräftigen und attraktiven Bibliothekslageplans (als Orientierungshilfe) angestrebt.

Kundenservice: Die überzeugenden Umfrageergebnisse bei den Fragen zur Freundlichkeit und Servicequalität stellen dem Bibliothekspersonal ein sehr gutes Zeugnis aus und bestätigen die oft wahrgenommen positiven Rückmeldungen. Bekanntermaßen verbreiten sich positive Erfahrungen weit weniger häufiger als negative Erfahrungen. Aus diesem Grund setzte sich das Bibliotheksteam in einem extern moderierten Workshop mit den Ergebnissen der Besucherbefragung auseinander. Zielsetzung war die weitere Optimierung der Servicequalität.

Zufriedenheit mit dem Medienangebot: Bei den Ansprüchen an die Musik- und Filmmedien aus der Bibliothek spiegelt sich das veränderte Nutzungsverhalten und das Bedürfnis nach einer Angebotsvielfalt wieder, wie sie die kommerziellen Dienste suggerieren und teilweise auch bieten. Zur Verbesserung der Zufriedenheit bei den AV-Medien werden künftig ausschließlich moderne Formate, wie Blu-Ray, und eine attraktive Mischung aus Programmkino- und Mainstreamfilmen bereitgestellt. Bei den Hörbüchern wird auf das mp-3-Format und eine ausgeglichene Mischung aus Lesungen und Hörspielen gesetzt. Die Musik-CDs werden verstärkt nach Aktualität und in einer attraktiven Mischung aus Chart- und Newcomer-Titeln angeschafft.

Die E-Book-Leser benötigen wegen der technischen Hürden einen höheren Betreuungsaufwand und regelmäßige E-Book-Workshops zur Einführung. Dabei könnten auch die vorhandenen Datenbankangebote (wie die Munzinger Online-Bibliothek, GENIOS eBib und die Brockhaus Online-Enzyklopädie) präsentiert werden. Neben der Etataufstockung wird es ab Sommer ein regelmäßiges Veranstaltungsangebot für die an E-Books interessierte Leserschaft geben.

Bei den Internet-Services zeigten einige Beiträge auch, dass die vorhandenen Service-Möglichkeiten noch nicht ganz ausgeschöpft werden und die Angebote seitens der Bibliothek besser beworben werden sollten.

 

 

Resümee

An den Ergebnissen konnte einerseits Bekanntes und bereits richtig Vermutetes abgelesen werden. Andererseits wurden auch Anregungen zu Punkten gegeben, die so nicht wahrgenommen, oder als besonders dringlich angesehen wurden. Das in der Besucherbefragung genannte Bedürfnis nach weiteren Schmöker- und Lesesesseln war so nicht bewusst. Grundsätzlich war und ist die Anzahl der Arbeitsplätze zwar ausreichend, aber in der Umfrage wurde der ausdrückliche Wunsch nach zusätzlichen bequemen Sitzmöbeln (keine Lern- und Arbeitsplätze) geäußert.

Erfreulich war, mit welchen finanziell günstigen und personell überschaubaren Maßnahmen einzelnen Wünschen aus der Befragung bereits nachgekommen werden konnte. So wurde die publikumsfreundlichere Medienpräsentation bei den Hörbüchern, den Spiel- und Sachfilmen und den Musik-Tonträgern angegangen und zu großen Teilen bereits umgesetzt.

Das Bibliotheksteam war bei allen Projektschritten von der Vorbereitung der Umfrage, über die Durchführung bis zur Auswertung der Befragungsbögen involviert und aktiv beteiligt. Das große Interesse und Engagement bei den anschließenden Workshops und die Diskussion und Ausformulierung der geplanten Maßnahmen spiegelte sich in der hohen Motivation wieder, mit der die ersten Arbeiten schon in der ersten Woche angegangen wurden.

Die kommentierte Auswertung wurde mit dem beschlossenen Maßnahmenkatalog ergänzt, in der Bibliothek ausgehängt, zur Mitnahme ausgedruckt und im Internet veröffentlicht. Dabei wurden die einzelnen Verbesserungsvorschläge, Anregungen und Beiträge nicht im Wortlaut wiedergegeben, sondern zusammengefasst und beim jeweiligen Fragenkomplex aussagekräftig dargestellt.

https://www.forumunterschleissheim.de/fileadmin/Webdata/Bibliothek/Ergebnisse_Besucherbefragung_StB_Unterschleissheim.pdf

Der ausführliche Blick durch die „Kundenbrille“ hat unseren Blick geschärft und die eigenen Angebote unter einem anderen Licht erscheinen lassen. Der Aufwand hat sich in jedem Fall gelohnt und die Bibliotheksmitarbeiter auch deutlich als Team gestärkt.

 

 

Thomas Christoph (Leitung Stadtbibliothek Unterschleißheim)

 

 

 

 

*          Im Fragebereich Bibliotheknutzung wurden 44 Anmerkungen zu den Öffnungszeiten, 37 Anmerkungen zur Bibliotheksatmosphäre und 39 Anmerkungen zur Übersichtlichkeit der Medienpräsentation verzeichnet. Beim Fragenbereich  Angebot und Service gab es 29 Anmerkungen zur Freundlichkeit der Bibliotheksmitarbeiter und der Zufriedenheit mit Verbuchung und Information, 87 Anmerkungen zum klassischen Medienangebot, 22 Anmerkungen zu den E-Books und 10 Anmerkungen zu den Internet-Services. Weitere 36 Beiträge bezogen sich auf die Veranstaltungsarbeit, Sonstiges oder hatten allgemeinen, meist lobenden Charakter.

Schaut man sich die Inetbib-Liste an, so fällt auf, dass diese inzwischen fast ausschließlich aus Stelleninseraten besteht. Und analysiert man die Listen über einen längeren Zeitraum, so fällt auf, dass es für zahlreiche Stellenausschreibungen Bewerbungsfristverlängerungen gibt. Offensichtlich können zahlreiche Stellen zurzeit nicht oder nur bedingt adäquat besetzt werden. Dies hat aber fatale Folgen, denn nur wenn qualifiziertes Personal vorhanden ist, können Dienstleistungen kundengerecht erbracht werden.
Der Fachkräftemangel zeigt in vielen Branchen bereits Wirkung. Insbesondere kleinere Städte oder Städte mit extrem hohen Miet- und Immobilienpreisen sind insbesondere für jüngere ArbeitnehmerInnen oft unattraktiv. Daher mussten Unternehmen umdenken und haben das Employer Branding für sich entdeckt. Und dies betreiben sie in weiten Teilen sehr intensiv.
Employer Branding stellt einen markenstrategischen Ansatz zum Aufbau und zur Positionierung einer Arbeitgebermarke dar [Bath, Lambsdorff 2009]. An erster Stelle steht das interne Employer Branding. Es zielt vor allem darauf ab, eine emotionale Bindung zwischen den MitarbeiterInnen und dem Arbeitgeber aufzubauen, um sie langfristig an zu binden und vor allem die Werte der Institution in der Öffentlichkeit zu repräsentieren, denn eine positive emotionale Bindung steigert die Zufriedenheit und Motivation der Mitarbeiter[5].
Das externes Employer Branding zielt auf die Positionierung der Einrichtung gegenüber potenziellen MitarbeiterInnen außerhalb der eigenen Institution ab. Diese Form der externen Kommunikation wird in Bibliotheken bislang vielfach vernachlässigt. Unternehmen bedienen sich einer großen Bandbreite an Kommunikationskanälen, um sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren.
Insbesondere Bibliotheken, die nur bedingt mit attraktiven Gehältern und Aufstiegschancen punkten können, sollten sich ihrer Stärken besinnen und diese auch nach außen kommunizieren. Der öffentliche Dienst kann hier durchaus mithalten. Städte wie Hamburg mit ihren Recruiting-Portalen machen es vor.
Und Bibliotheken haben durchaus einiges zu bieten, was der Generation Y – oder wie immer man sie bezeichnen mag oder sie sich selbst bezeichnet – wichtig ist: Spaß an der Arbeit, die aber gleichzeitig herausfordernd ist. Zudem spielt die Sicherheit eine wichtige Rolle. Auch hier können Bibliotheken mit dem Öffentlichen Dienst durchaus punkten.
Und nicht zuletzt ist für die jüngere Generation ethisches, soziales und nachhaltiges Verhalten sehr wichtig. Auch hier stehen Bibliotheken mit ihren Angeboten und ihrem Engagement hoch im Kurs, wenn sie dies nur mutiger und offensiver diskutieren und kommunizieren würden.
Aber eines macht die Inetbib-Liste auch deutlich: eine langweilig gestaltete Stellenanzeige lockt heute kaum mehr jemanden, eine Bewerbung zu schreiben, schon gar nicht, wenn man bereits eine sichere Position innehat. Unternehmen, aber auch einige öffentliche Arbeitgeber machen es vor, wie heute Arbeitgeber ihre MitarbeiterInnen umwerben. Sich hier Ideen zu holen ist erlaubt, ja zwingend notwendig, wenn Bibliotheken auch künftig auf die besten und motiviertesten MitarbeiterInnen setzen wollen.
Weiterführende Literatur:
Bath, Leo J.; Lambsdorff, Magnus Graf 2009. Werben um die Generation Y. In: Focus 2009, H.1., S. 70-73.. URL: http://www.egonzehnder.com/files/70-73_intern_iii.pdf
Fraunhofer IMW 2014. Employer Branding in Wissenschaft und Praxis. Working Paper des Fraunhofer-Zentrums, Leipzig aus dem Jahr 2014 Nr.2. URL: https://www.imw.fraunhofer.de/content/dam/moez/de/documents/Working_Paper/Employer%20Branding_8.pdf
The Boston Consulting Group 2014. Vom Employer Branding zum One-Branding. URL: www.bcg.de/documents/file160190.pdf
ZBW Mediatalk 2014. Generation Y am Arbeitsplatz Bibliothek – herzlich willkommen! Teil II: Wie Bibliotheken im „War for talents“ punkten können. URL: https://www.zbw-mediatalk.eu/2014/12/generation-y-am-arbeitsplatz-bibliothek-herzlich-willkommen-teil-ii-wie-bibliotheken-im-war-for-talents-punkten-konnen/

Neben der Kommunikation von Innovationen nach außen (s. Blogbeitrag Externe Innovationskommunikation) ist es mindestens so wichtig, Planungen, Ideen und Innovationen auch frühzeitig nach innen unter den Mitarbeitern zu kommunizieren. Innovationen bringen vielfach Veränderungen innerhalb der Bibliothek mit sich: diese können u.a. bekannte, vorhandene Strukturen / Produkte, Arbeitsabläufe / Prozesse oder Verantwortlichkeiten betreffen. Die interne Innovationskommunikation ist das geeignete zentrale Instrument, einen offenen Umgang über die Veränderungen des Arbeitsalltags und der Produkte zu schaffen.
In die interne Innovationskommunikation sollten alle Mitarbeiter eingebunden sein, und sie sollten alle in gleicher Weise und im gleichen Umfang informiert werden. Nur dann kann eine innovationsförderliche Arbeitsumgebung geschaffen werden.
Eine offene und transparente interne Kommunikation sollte mindestens folgende Aspekte berücksichtigen (vgl. Lindlar 2005).
Erweiterung des Wissens
Innerhalb der Bibliothek muss den Mitarbeitern das Wissen über eine Innovation und deren Veränderungen vermittelt werden. Die Kommunikation muss so transparent sein, dass alle Mitarbeiter die Neuerung verstehen und auch nachvollziehen können. Zudem müssen Mitarbeiter ggf. rechtzeitig geschult werden, wenn die Innovation neue / andere Kenntnisse erfordert, und zwar bevor mögliche Ängste und Aversionen gegen die Innovation entstehen.
Vermeiden von Gerüchten
Unwissenheit und Unsicherheit bringen oft falsche Vorstellungen mit sich. Wenn diese informell transportiert werden, entstehen Gerüchte, die kontraproduktiv für die Innovation sind. Und noch schlimmer ist es, wenn Mitarbeiter erzählen, dass sie mit der Innovation nichts zu tun haben. Damit vermitteln sie im Kundenkontakt wenig Transparenz und geben ggf. auch an den Kunden falsche Informationen weiter.
Einsicht in die Notwendigkeit
Alle Mitarbeiter sollten die Notwendigkeit der Innovation erkennen, verstehen und auch akzeptieren. Sonst läuft die Bibliothek Gefahr, dass die Mitarbeiter später gegen die Innovation arbeiten und sie auch gegenüber dem Kunden nicht positiv darstellen, ja im schlimmsten Fall blockieren.
Abbau kognitiver Dissonanzen
Die Mitarbeiter haben stets Vorstellungen von Veränderungen, die sich auf der Basis von Erfahrungen und Erkenntnissen bilden. So können z.B. Ängste entstehen, den künftigen Anforderungen aufgrund der Ausbildung nicht gewachsen zu sein.
Schaffen von Visionen
Bei den Mitarbeitern eine Vorstellung davon geschaffen werden, was die Neuerung bewirken kann und soll. Es geht also darum, eine Vision aufzubauen, die den Zielzustand beschreibt. Aus dieser Vision muss deutlich hervorgehen, dass sich die Anstrengungen, zusätzlichen Belastungen und Veränderungen lohnen werden.
Erfolgsmeldungen
Nach Einführung geht es darum, Erfolge, Verbesserungen etc. zu kommunizieren und / oder auch zu feiern. Nur dann werden die Mitarbeiter auch künftig bereit sein, weitere Innovationen mit zu unterstützen und aktiv die Innovationen zu „vermarkten“.
Die interne Innovationskommunikation ist somit wie die externe Innovationskommunikation ein strategisches Instrument, das den gesamten Innovationsprozess begleiten sollte. Und es ist in der Tat wichtig, alle Mitarbeiter zu informieren, auch die, die vielleicht nicht oder nur wenig mit der Innovation in Berührung kommen. Nur so kann ein gutes Bibliotheksklima erhalten bleiben. Im Idealfall verknüpfen und verzahnen Bibliotheken die externe und die interne Innovationskommunikation.

Literatur:

Lindlar, Harald (2005). Innovationen in der Öffentlichkeit : die Bedeutung der Kommunikation für die Akzeptanz. In: Neue Ideen erfolgreich durchsetzen: das Handbuch der Innovationskommunikation. Frankfurt: Frankfurt Allgemeine, S. 114-120

Die Innovationskommunikation ist ein Teil der externen Kommunikation. Sie ist unverzichtbar, denn sie ist Voraussetzung dafür, dass neue kundenorientierte Services / Produkte einer möglichst großen Zahl von (potenziellen) Kunden auch bekannt wird.
Viele Bibliotheken sind der Auffassung, dass es reicht, eine Innovation bekannt zu machen, kurz bevor sie eingeführt wird. Dass Innovationskommunikation auch anders aussehen kann, zeigt uns in regelmäßigen Abständen das Unternehmen Apple: bereits lange vor der eigentlichen Einführung des Produktes wird der Kunde neugierig auf das neue Produkt gemacht – und die Community der potenziellen Käufer beteiligt sich dann aktiv an der Bekanntmachung, u.a. durch Spekulationen über neue Funktionen etc. Und wenn es so weit ist, ist das Interesse an dem Produkt bereits so groß, dass viele zu den ersten gehören möchten, das Produkt zu besitzen und zu nutzen. Das ist perfekte Innovationskommunikation; Bibliotheken können sicher nicht mit Apple mithalten, aber einiges können sie sich doch von der Innovationskommunikation Apples abgucken.
Der Innovationskommunikation kommen mehrere Funktionen zu. Ziel ist es zunächst einmal, über das neue Produkt zu informieren (Knowledge), zudem muss die Zielgruppe rational und emotional überzeugt werden (Persuation), damit das neue Produkt auch akzeptiert und gekauft wird (Decision). Und selbstverständlich soll der Kunde die Innovation nach dem Kauf auch nutzen (Implementation) und darüber eine positive Bestätigung seiner Entscheidung erhalten (Confirmation). (Rogers 1993) Diese Mehrstufigkeit der Innovationskommunikation macht deutlich, dass Innovationskommunikation mehr ist als eine Pressemitteilung herauszugeben, einen Flyer zu drucken und ggf. über die Innovation mal in Facebook oder anderen sozialen Medien zu posten, wenn sie denn eingeführt wird. Innovationskommunikation muss vielmehr wesentlicher Teil der Organisationskommunikation sein, d.h. systematisch geplant, durchgeführt und evaluiert werden. Nur dann wird der (potenzielle) Kunde Vertrauen in die Innovation entwickeln, sie in Anspruch nehmen und gleichzeitig die Einrichtung als Innovator wahrnehmen.
Mast und Zerfaß haben es treffend formuliert: „Die Innovationskommunikation einzelner Akteure, insbesondere der Unternehmen, muss professionalisiert werden. Denn die brillantesten Ideen helfen wenig, wenn verunsicherte Mitarbeiter den Fortschritt blockieren, potenzielle Kunden den Mehrwert nicht erkennen oder Journalisten sie nicht mediengerecht an ihre Leser bzw. Zuschauer vermitteln können.“ (Mast, Zerfaß 2005) Auch wenn die Aussage schon etwas älter ist, für viele Bibliotheken gilt sie noch immer. Primär gilt es, den Nutzwert zu betonen und Nutzwert darzustellen, d.h. es müssen die Vorteile beschrieben werden, z.B. eine Reduktion der Komplexität bei einer technischen Neuentwicklung oder automatisierten Dienstleistung. In diesem Kontext sei noch auf die sogenannte Verlustaversion hingewiesen. Für die Akzeptanz von Innovationen ist maßgeblich mit entscheidend, dass der Kunde durch eine Innovation keine Verluste hinnehmen muss bzw. erleidet. Muss er aufgrund von Neuerungen auf bewährte, ihm vertraute Eigenschaften / Funktionen eines Produktes oder einer Dienstleistung verzichten – was vielfach der Fall ist, so wirken die Verluste im Allgemeinen stärker als die gewonnenen Vorteile. Kahneman und Tversky haben diesen Effekt als Verlustaversion bezeichnet. (Kahneman, Tversky, 1979) Anhand einer monetären Betrachtung lässt sich dieses Empfinden gut nachvollziehen. Verluste durch sinkende Aktienkurse führen schneller zu Verärgerung und Unzufriedenheit als entsprechende gleich hohe Wertzuwächse zu Freude und Zufriedenheit. Also: Nutzwert herausstellen!
Zudem ist es wichtig, Innovationen mit den richtigen Bildern und Modellen zu verknüpfen. Wichtig bei der Einführung einer Innovation ist nicht nur der richtige Kommunikationskanal und das herausstellen des Nutzens, sondern auch oder vor allem die richtige Botschaft zum richtigen Zeitpunkt. Die Botschaft, die z.B. bei der Einführung des Walkman von Sony in den 1970er Jahren vermittelt wurde, lautete vereinfacht ausgedrückt „mobile Musik“ bzw. „mobil sein und Musikhören“. In Europa, insbesondere Deutschland war dies zu der Zeit die falsche Botschaft, da damals nur wenige Menschen in Deutschland weitere Strecken zu ihrem Arbeitsplatz zurückzulegen hatten, in Japan war es die richtige. Die Menschen dort hatten schon damals weite Wege zur Arbeit und waren täglich mehrere Stunden mit dem Zug unterwegs, um zum Arbeitsplatz zu kommen bzw. zurück. Eine spätere Botschaft von Sony stellte in Deutschland das „Eintauchen in die Musik“ in den Vordergrund. Mit dieser Botschaft wurde der Walkman auch in Deutschland ein Erfolg.
Die Innovationskommunikation weist in Bibliotheken noch ein hohes Potenzial auf, das es zu nutzen gilt. Aber wie können Bibliotheken nun vorgehen? Für eine systematische Planung kann u.a. die Beantwortung folgender Fragen hilfreich sein:
• Wie kann Innovationskommunikation strategisch organisiert werden und in die vorhandene Kommunikationsstrategie dauerhaft integriert werden?
• Wie kann allen Stakeholdern und Kunden ein ausreichendes Verständnis von Innovationen vermittelt werden, damit sie selbst auch einen aktiven Beitrag zur Innovationskommunikation leisten, z.B. durch Mund-zu-Mund-Propaganda?
• Wie transportiert man am besten die neuen Eigenschaften der Innovationen?
• Wie können die Marke der Bibliothek / das Profil der Bibliothek mit der Innovation ideal verknüpft werden, um das gewünschte Image der Bibliothek als Innovator zu stärken?
• Welche Botschaften und Bilder lassen sich mit der Innovation verbinden? (Kupczyk 2007)

Literatur:
Kahneman, D.; Tversky, A. (1979). Prospect theory: An analysis of decision under risk. Econometrica, 47/2, S.263-291.
Kupczyk, T. (2007). Innovationskommunikation auf neuen Wegen – Integrierte Kommunikation als Grundlage des Erfolgs. In: Huck, S. (Hrsg.) Innovationskommunikation, Band 3. Stuttgart: Universität Hohenheim.
Mast, C.; Zerfaß, A. (2005). Mehr Innovation durch Kommunikation – Herausforderung für Unternehmen und Medien. In: Kommunikationsmanager, 2 / 1,
Rogers E. M. (1983). Diffusion of innovations, 3. Aufl. New York: Free Press.

Bibliotheken verfügen vielfach über ungenutzte Schätze, können sie aber nicht ihren Kunden verfügbar machen, da sie nicht über die notwendigen Kapazitäten oder auch nicht über die Kenntnisse verfügen. Die Crowd – die Öffentlichkeit – verfügt dagegen vielfach genau über dieses Wissen. Crowdsourcing ist somit eine Möglichkeit, die kundenorientierten Services auszuweiten bzw. zu optimieren.

Gebert definiert Crowdsourcing wie folgt: „Ein heterogener, nicht-definierter Personenkreis arbeitet im globalen Raum zusammen an einem gemeinsamen Ziel.“ Über Crowdsourcing können z.B. Aufgaben, die eine Einrichtung alleine nicht bewältigen kann, an Externe ausgelagert werden. Neu ist das Phänomen des Crowdsourcings jedoch nicht. Schon in der Vor-Internet-Zeit haben viele Beispiele von Crowdsourcing-ähnlichen Arbeitsgemeinschaften existiert. Das sicher bekannteste Beispiel eines frühen Crowdsourcings ist das Oxford English Dictionary: ihre Begründer hatten Mitte des 19. Jahrhunderts das ehrgeizige Ziel, ein Inventar der gesamten englischen Sprache zum damaligen Zeitpunkt, das zudem die historische Entwicklung einzelner Wörter abbilden sollte, zu schaffen. 1879 erfolgte der Aufruf an die englische Bevölkerung mit der Bitte, Belegstellen für alltägliche und ungewöhnliche Wörter zuzusenden. Und dem Prinzip ist das Oxford English Dictionary bis heute treu geblieben, wobei es vor allem die Suche nach Erstbelegen – also den ersten schriftlich dokumentierten Verwendungen von Wörtern – geht. Diese werden häufig von Laien an die Redaktion geschickt, wo sie dann sorgfältig geprüft werden, bevor sie aufgenommen werden.
Allerdings haben besonders die Web 2.0-Mechanismen und -Möglichkeiten den Einsatz der Masse stark vereinfacht. Modernes Crowdsourcing wird als eine Online-Aktivität verstanden, wobei das Internet als Bedingung vorausgesetzt wird. Non-Profit-Organisationen fungieren ebenso wie Unternehmen und Institutionen als Auftraggeber – als Crowdsourcer. Auf der anderen Seite stehen die Auftrags- bzw. Aufgabenempfänger – die Crowd, die gemeinsam an Lösungen einer konkreten Aufgabenstellung arbeitet. Die Crowdworker, die Mitglieder der Crowd, sind somit eine heterogene Gruppe von Individuen mit unterschiedlichen Kenntnissen, die über einen (offenen) Aufruf zur freiwilligen Mitarbeit an der Lösung von konkret gestellten Aufgaben motiviert und aktiviert werden.
Immerhin geht man davon aus, dass rund 10-40% aller Kunden bereit sind, sich an Crowdsourcing oder Open Innovation zu beteiligen. Und selbst wenn es nur ein Prozent ist, dann bekommt jede Bibliothek einen zusätzlichen Input zu Projekten, die sie möglicherweise alleine gar nicht alleine hätte stemmen können. Allerdings gilt auch im Crowdsourcing-Prozess die typische 90-9-1-Regel, die besagt, dass nur ein Prozent der Teilnehmer die realisierbaren Inhalte erstellen, neun Prozent sich an der Modifizierung der Inhalte beteiligen, während 90 Prozent der Teilnehmer die Inhalte lediglich konsumieren.
Und wo können Bibliotheken Crowdsourcing z.B. einsetzen?
– bei der Content-Erstellung: Archiverstellung, Erhalten von Kulturgut, Transkription etc.
– bei Innovationsprojekten: Entwicklung neuer Produkte / Dienstleistungen
– im Marketing: Content-Marketing
– bei der Trendermittlung: Bestandsermittlung etc.

Der Fantasie sind letztendlich aber keine Grenzen gesetzt. Die meisten bibliothekarischen Crowdsourcing-Projekte sind jedoch dem Feld der Content-Erschließung zuzuordnen, wobei ein Schwerpunkt auf dem Erhalt von Kulturgut liegt. Die Verwendung von Crowdsourcing in Institutionen, die sich mit Kulturgut beschäftigen (Bibliotheken, Museen und Archive) bringt mehrere Vorteile mit sich. Viele der Projekte ließen sich ohne Crowd personell nicht bewältigen. Zudem werden Personen angesprochen bzw. fühlen sich angesprochen, die sich in dem Bereich sehr gut auskennen oder sich dafür begeistern. Gleichzeitig wirkt das Crowdsourcing als Marketinginstrument, denn es werden möglicherweise Zielgruppen erreicht, die bisher noch nicht im Fokus der Bibliothek standen oder die Bibliothek bisher unzureichend erschlossen hat. Zudem erlaubt diese Form des Crowdsourcings den Bürgern, ihre Interessen zu wahren. Simone Waidmann schreibt dazu: „Dies stärkt das Gefühl für Kulturgut als Gemeineigentum und die gemeinsame Verantwortung für dessen Bewahrung. Die Nutzer erhalten die Gelegenheit, sich sozial zu engagieren, ihre Zeit und Expertise zum Wohl der Gesellschaft einzubringen […]“.

Verbunden mit Crowdsourcing sind natürlich auch Risiken. So könnten bei Transkriptionsprojekten Texte manipuliert werden, oder die Bibliotheken könnten mit Spams überflutet werden, Gehört hat man davon bisher aber nichts. Und wahrscheinlich sind diese Aufgaben auch zu herausfordernd. Wer sich mit diesen Themen befasst, ist gewillt, einen ernsthaften Input mit Wert zu generieren. Crowdsourcing wird vielfach auch als digitale Jobvernichtung bezeichnet, da befürchtet wird, dass digitale Arbeitsnomaden und Selbständiger, die projektbasierte Jobs annehmen und keinerlei soziale Absicherung genießen – zum Normalfall werden könnten. Für Bibliotheken gilt diese Befürchtung sicher nicht. Die Projekte, die sich in Bibliotheken für Crowdsourcing eignen, würden ohne eine Crowd vielfach gar nicht bewältigt werden. So ist das Crowdsourcing auf jeden Fall ein Gewinn für die Kunden und in vielen Fällen auch für die Gesellschaft. Daher sollten Bibliotheken mehr Mut aufbringen, Externe – Kunden und Nicht-Kunden – stärker in ihre (Innovations-)projekte mit einzubinden.

Weitere Details und Beispiele finden sich u.a. bei:
Georgy, Ursula (2015). Crowdsourcing – Ein Leitfaden für Bibliotheken. B.I.T.online – Innovativ, Band 52. Wiesbaden: Dinges & Frick.
Waidmann, Simone (2014). Erschließung historischer Bestände mittels Crowdsourcing: eine Analyse ausgewählter aktueller Projekte. In: Perspektive Bibliothek, Bd. 3, Nr. 1, 2014, S. 33-58. 
URL: https://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/bibliothek/article/download/14020/7903

Quellen
1 Gebert, Michael, zit. nach Unterberg, Bastian (2010): Crowdsourcing (Jeff Howe). In: Michelis, Daniel.; Schildhauer, Thomas (Hrsg.). Social Media Handbuch: Theorien, Methoden, Modelle. Baden-Baden: Nomos, S. 134-148.
2 Vgl. Nielsen, Jakob (2006): The 90-9-1 Rule for Participation Inequality in Social Media and Online Communities. NN/g Nielsen Norman Group, 09.10.2016. URL: https://www.nngroup.com/articles/participation-inequality/
3 Waidmann, Simone (2014). Erschließung historischer Bestände mittels Crowdsourcing: eine Analyse ausgewählter aktueller Projekte. In: Perspektive Bibliothek, Bd. 3, Nr. 1, 2014, S. 33-58.