Beiträge

Die illumunierte Stadtbibliothek Paderborn

Ein Beitrag von Katrin Stroth, Leiterin der Stadtbibliothek Paderborn

Die Stadtbibliothek Paderborn wurde im Oktober als „Bibliothek des Jahres 2021“ ausgezeichnet. Es handelt sich dabei um den einzigen nationalen Bibliothekspreis in Deutschland und wird gemeinsam vom Deutschen Bibliotheksverband (DBV) und der Deutschen Telekom Stiftung vergeben, um vorbildliche und innovative Bibliothekskonzepte in der digitalen Welt zu würdigen. Der Preis ist mit 20.000 Euro dotiert.

Die Stadtbibliothek Paderborn ist in einem historischen Gebäude in der Altstadt untergebracht

Gewürdigt wurde die Stadtbibliothek Paderborn für ihre zukunftsorientierte Bibliotheksarbeit. Sie vereint Digitalität, Nachhaltigkeit, Innovation und Kooperation, teilt der DBV mit. „Seit Jahren beweist die Bibliothek immer wieder, wie schnell und flexibel sie auf die Bedarfe der Nutzer*innen aller Generationen eingeht“, erklärt Petra Büning vom Vorstand des DBV. Für die Telekom-Stiftung hob Thomas de Maizière die Angebote der Bibliothek für Kinder und Jugendliche in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik hervor.

Doch: Was heißt das konkret?

Während der Corona-Schließzeit zeigte die Stadtbibliothek Paderborn ihr ganzes kreatives und digitales Potential. Innerhalb von Stunden ist eine Vielzahl von digitalen Zusatzprodukten entstanden. Kommuniziert wurde dabei intensiv über die bestehenden Social-Media-Kanäle und den Internetauftritt der Stadtbibliothek Paderborn. Fast alles, was sonst in der Bibliothek angeboten wurde, konnte in der Schließzeit auf digitalem Weg oder auch „Click & Collect“ angeboten werden.

Bei den MINT-Angeboten startet die Bibliothek ihre Angebote schon ab dem Kindergartenalter und hält natürlich auch Angebote für Erwachsene vor. Anspruch der Stadtbibliothek Paderborn ist es, in allen gesellschaftlich relevanten Bereichen digitale und technische Angebote zu machen und das nötige Know-How zu vermitteln. Neben Workshops und offenen Schnupperstunden gibt es auch die Möglichkeit, in der „Bibliothek der Dinge“ Geräte auszuleihen.

Die Schaffung von Barrierefreiheit steht ebenfalls auf der Agenda der Bibliothek; dies umfasst z.B. auch Gamingformate. Für Menschen mit einer visuellen, auditiven, kognitiven, motorischen und/oder sprachlichen Einschränkung sind die Hürden im Bereich Gaming oft noch sehr groß. Besonderes Zubehör (z.b. Eye-Tracker oder adaptive Controller) ermöglicht jetzt im Gaming-Raum Angebote für alle Interessierte.

Bei der Umsetzung der Ziele einer „Green Library“ spielt Technik in Paderborn ebenfalls eine Rolle. So wird die Zentralbibliothek seit Gründung im Jahr 1977 mit Paderwasser (Wasser aus dem Fluss Pader) geheizt und gekühlt.

An allen Bibliotheksstandorten finden Workshops zum Thema Nachhaltigkeit statt. Im „Lerncafe“ gibt es fair-gehandelte Getränke und Schokoriegel. Eine Foodsharinggemeinschaft bietet gerettete Lebensmittel in einem „Fairteiler“ an. So befinden sich Regale mit Medien zur Ausleihe direkt neben den Aufbewahrungskisten und ein Kühlschrank rundet das Angebot ab. Das Dauerangebot lebt vom Geben und Nehmen.

Die Einbeziehung der Kund*innen spielt immer auch eine große Rolle in der Stadtbibliothek Paderborn. Für die Neugestaltung der „Open Library“, die im Sommer 2023 eröffnet werden soll, gibt es Bürger*innenbeteiligungsprozesse. Kund*innen und Kooperationspartner*innen können dabei aktiv mitwirken – bei den Angeboten und bei der Einrichtung der Bibliothek.

Das Preisgeld wird demzufolge auch dafür eingesetzt, neue Möbel für den „Lesegarten“ und die Kinderbibliothek anzuschaffen, mit Pflanzen die Bibliothek noch grüner zu machen und Teambuildingsmaßnahmen durchzuführen.

Autorin: Claudia Büchel, Leiterin der Stadtbibliothek Neuss

Auf Einladung der damaligen Fachstellen in den Regierungsbezirken Düsseldorf und Köln trafen sich im Jahr 2001 zum ersten Mal interessierte Bibliotheken zu einer Informationsveranstaltung zum Thema Qualitätsmanagement (QM). Zu dieser Zeit war das Thema QM relativ virulent in der Privatwirtschaft, während es im öffentlichen Sektor noch wenig verbreitet war. Die Bibliotheken betraten hierbei Neuland –lange bevor Zertifizierungen in Volkshochschulen oder Kindertageseinrichtungen etabliert wurden.

Was QM aber tatsächlich ist und welche gravierenden Änderungen sich hierdurch auch langfristig ergeben würden, war vermutlich den wenigsten der anwesenden Bibliotheksleitungen bewusst. Nachdem die ersten Bibliotheken bereits wieder abgesprungen waren, gründeten 16 Interessierte eine Arbeitsgruppe unter Leitung von Petra Büning (Bezirksregierung Düsseldorf) und Brigitte Klein (Bezirksregierung Köln). Zielsetzung war es, durch den Aufbau eines QM-Systems eine Entlastung im Arbeitsalltag zu schaffen, um Fragen wie z.B. „Wie wurde das geregelt?“ oder „Haben wir das nicht schon diskutiert“ zu minimieren. Das Handeln sollte zukünftig faktenorientiert gesteuert werden, für gleiche Fakten sollten identische Handlungsmuster entwickelt werden, damit insgesamt mehr Zeit auf die Interessen der Kund*innen gerichtet wird.

Die 7 Gründungsmitglieder des Verbundes

Der Aufbau eines QM-Systems ist zeit- und personalintensiv – das lässt sich nicht fortdiskutieren – und so reduzierte sich die Zahl der beteiligten Bibliotheken weiter. 2004 entschieden dann acht Bibliotheken, sich einer Gruppenzertifizierung auf Grundlage der ISO-Norm zu unterziehen. Begleitet wurde der Prozess durch Einbindung des externen Beraters Markus Dönni , der den Bibliotheksleitungen verschiedene Zertifizierungsmodelle vorstellte und den damit einhergehenden Arbeitsaufwand sowie Nutzen aufzeigte. Die Entscheidung fiel zu Gunsten der ISO-Norm 9001 aus, weil es sich hierbei um eine weltweit gültige Norm handelt, die überall anerkannt ist und eine positive Außenwirkung hat. Zu diesem Zeitpunkt gab es bundesweit zwei weitere öffentliche Bibliotheken (Walldorf und Freiberg am Neckar), die auf Grundlage der ISO-Norm 9001 zertifiziert waren und im Rahmen von Workshops wichtige Impulse an den Verbund weitergaben.

Da eine sogenannte Gruppenzertifizierung (Matrixzertifizierung) kostengünstiger als eine Einzelzertifizierung war, entschieden nunmehr sieben Bibliotheken, einen QM-Verbund zu gründen, der mit seiner virtuellen Zentrale sowie den beteiligten „Zweigstellen“ auf Grundlage der ISO-Norm 9001 zertifiziert werden sollte. Ohne Gründung des Verbundes und Einrichtung einer virtuellen Zentrale wäre eine kostenreduzierte Gruppenzertifizierung nicht möglich gewesen. Die Zentrale, das sogenannte Lenkungsgremium, bestand aus mindestens einer Vertreterin oder einem Vertreter pro Bibliothek sowie Frau Klein und Frau Büning aus den Fachstellen. Den Vorsitz übernahm Petra Büning bis zum Jahr 2008.

Titelblatt einer Broschüre
Zur Erstzertifizierung 2006 veröffentlichte der Verbund eine Broschüre mit CD

Der Weg bis zur erstmaligen Zertifizierung gestaltete sich durchaus steinig und arbeitsintensiv, denn für alle Arbeitsprozesse waren Beschreibungen zu erstellen, die für alle Bibliotheken galten und zusätzliche individuelle Anpassungen waren von jeder Bibliothek zu dokumentieren. Für die allgemein gültigen Prozessbeschreibungen galt es, mindestens 80% Übereinstimmung aller beteiligten Bibliotheken zu erreichen. Die damit verbundenen Diskussionen waren legendär und prägen immer noch die Erinnerung. Den Vertreterinnen der Fachstellen kam dabei die wichtige Funktion zu, die Diskussionen zu lenken und das Ziel im Auge zu behalten.

Um das QM-Gerüst aufzubauen, trafen sich die Verbundbeteiligten in den beiden folgenden Jahren ca. alle zwei Monate, meistens in der Stadtbibliothek Neuss, da es hier einen entsprechend großen Besprechungsraum gibt. Sobald die allgemein gültige Beschreibung für einen Prozess verschriftlicht war, galt es vor Ort, die individuellen Anpassungen vorzunehmen. Hierdurch entstand ein umfangreicher Katalog an Beschreibungen für die übergeordneten Managementprozesse (Strategie, Analyse und Verbesserung, Zufriedenheitsmanagement) die Kernprozesse (Lektorat, Ausleihverwaltung, Infodienst, Veranstaltungen und Öffentlichkeitsarbeit) und die unterstützenden Prozesse (Katalogisierung, technische Medienbearbeitung, Ausleihunterstützung, Mahnwesen, Personal, Infrastruktur, Dokumentation). Wertvoll waren die intensiven Diskussionen jedoch nicht nur im Lenkungsgremium, sondern auch in den Bibliotheken selber. Die kontinuierliche Beschäftigung mit den Arbeitsprozessen löste vielfach Veränderungen aus, bestehende Arbeitsvorgänge wurden kritisch hinterfragt, neu strukturiert, manche Tätigkeiten entfielen oder wurden ersetzt. Der kontinuierliche Verbesserungsprozess – ein Wesensmerkmal des QM – war eingeleitet und führte zu unerwarteten Veränderungen.

Um die Anforderungen an die ISO-Norm zu erfüllen, entwickelten die Bibliotheken ein gemeinsames elektronisches QM-Handbuch, eine QM-Politik und eine Satzung, die durch die Unterschriften der Bibliotheksleitungen oder Bürgermeister*innen einen offiziellen Charakter erhielten. Zur Steuerung der Prozesse wurden allgemein gültige Ziele definiert und ein verbundweites Statistiktableau mit Kennzahlen entwickelt, so dass ein Benchmarking untereinander möglich war. Die anstehenden Aufgaben wurden im Lenkungsgremium gleichmäßig auf alle beteiligten Bibliotheken verteilt. Grundsätzlich galt bei Abstimmungen, dass jede Bibliothek eine Stimme hat, unabhängig davon, wie groß oder klein die Bibliothek ist. In dieser arbeitsreichen Zeit galt es vor Ort, die Mitarbeitenden einzubinden und mitzunehmen. Dies gelang meistens dann gut, wenn die Verantwortlichen vor Ort die Beschreibungen „ihrer“ Prozesse formulierten und dabei durchaus auch Veränderungen ableiteten.

Abdruck des Zertifikats
Aktuellstes TÜV-Zertifikat der Stadtbibliothek Neuss