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Warum innovativ sein? Philip Rosenthal hat es wie folgt formuliert: „Wer aufhört besser zu werden, hat aufgehört, gut zu sein.“ Der Begriff Innovation wird heute vielfach inflationär verwendet, und es gibt eine Vielzahl von Definitionen dazu. Die Durchsetzbarkeit bzw. die Einführung auf dem „Markt“ charakterisiert eine Innovation und unterscheidet sie maßgeblich von einer Erfindung. Innovation sollte als Prozess verstanden und als solcher auch organisiert werden. Der Innovationsprozess ist u.a. durch folgende Eigenschaften charakterisiert: Komplexität, Mehrstufigkeit, Zukunftsorientierung, Kreativität, Unsicherheit und Risiko sowie Durchsetzbarkeit. Pleschak, Sabisch 1996.
Und der zentrale Aspekt des Besserwerdens ist die Orientierung der Produkte und Dienstleistungen an den Bedürfnissen der Kunden.
Der Innovationsprozess gliedert sich üblicherweise in die folgenden Stufen:
– Aufgabenstellung
– Ideensuche
– Ideengewinnung
– Ideenbewertung und –selektion
– Entwicklungsphase
– Projektphase
– Umsetzungsphase und
– Controlling.
Diese Stufen sollten aber nicht alle automatisch durchlaufen werden. Nach jeder Stufe sollte eine kritische Beurteilung der Innovation erfolgen (Stage-Gate-Prozess). Es muss also auch vorgesehen sein, ein Innovationsprojekt in einer späteren Stufe abzubrechen. Dazu bedarf es in der Bibliothek aber einer Kultur des Scheiterns. Scheitern darf in dem Kontext nicht als „Verlieren“ verstanden werden sondern als Chance, aus den möglichen Fehlern zu lernen, um die nächsten Innovationsprojekte erfolgreich(er) zu gestalten. Kriterien für den Abbruch eines Innovationsprojektes können u.a. sein:
– fehlender Kundenutzen
– fehlende Alleinstellungsmerkmale (USP)
– zu hohe Innovationskosten
– Markteintrittsbarrieren, z.B. technischer Art
– gesetzliche Rahmenbedingungen etc.
Der Ideensuche und –gewinnung kommt in dem Innovationsprozess eine ganz besondere Bedeutung zu. Um überhaupt eine Ideenbewertung und –selektion vornehmen zu können, bedarf es einer möglichst großen Zahl von Ideen. Je kleiner der Input im Rahmen des Ideenfindungsprozesses ist, desto größer ist das Risiko, nicht die besten Ideen für die Umsetzung auszuwählen bzw. auswählen zu können. Möglicherweise muss man sich mit der zweit- oder drittbesten Lösung begnügen. Die Ideen sollten nach festgelegten, objektiven Kriterien bewertet werden. Nur so besteht die Chance, dass sich die Mitarbeiter auch künftig an der Ideensuche und –gewinnung mit beteiligen. Fühlen sie sich jedoch benachteiligt behandelt, werden sie zu künftigen Innovationsprojekten möglicherweise keinen aktiven Beitrag mehr leisten. Diese Prozessorganisation muss also vor allem Raum geben für spontanen und kreativen Input aller Mitarbeiter. Kreative Ideen und ein strukturierter Ablauf sind kein Widerspruch.

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Digital-Kompass für Senioren

Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO) und Deutschland sicher im Netz e.V. (DsiN) haben ein neues Online-Angebot für ältere Menschen erstellt. Mit dabei sind auch die VerbraucherInitiative e.V., das Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit e.V. und die Stiftung Digitale Chancen.

Der Digital-Kompass für Senioren ist eine Plattform, auf der Nutzer Lehrmaterialen und praktische Tipps für ihre Schulungen und Beratungen älterer Menschen sowie für den direkten Austausch mit Gleichgesinnten finden. Die „Schulungsmaterialien und Tipps rund um das Thema Internet und Neue Medien“ umfassen Anfang Dezember 2016 109 Einträge. Für Bibliothekare etwas ungewohnt sortiert reichen die Themen von Abzocke über Seniorenakademie, Soziale Netzwerke für Ältere, Telemedizin bis hin zur Frage „Wozu verschlüsseln“. Daneben gibt es einen digitalen Stammtisch und den Blog mit aktuellen Meldungen.

www.digital-kompass.de kann man in der Beratung (nicht nur) von Senioren einsetzen oder den Hinweis auf diese Informations- und Lehrmaterialien – auch in Form eines Flyers – weitergeben.

Was hat Job-Shadowing mit kundenorientierten Services zu tun? Eine Menge, denn es ist eine hervorragende Möglichkeit, die Arbeit von Bibliotheken näher kennen zu lernen und damit auch die Arbeitsweise, die angebotenen Dienstleistungen etc.

Das ursprünglich aus den USA stammende Job Shadowing soll High-School-Schülern einen ersten Eindruck von ihrem möglichen künftigen Beruf vermitteln. Inzwischen hat sich das Konzept auch in Deutschland etabliert. Im Gegensatz zu einem Praktikum dauert das Job Shadowing jedoch nur einen Tag. Dabei begleitet der Shadower eine Person in einem Unternehmen oder einer Einrichtung während ihres normalen Berufsalltags und lernt deren Tätigkeiten und die damit verbundene Arbeitswelt real kennen. Wie die Bezeichnung es schon ausdrückt, beschränkt sich die Rolle des Shadowers auf die reine Beobachtung, d.h. der Beobachtende arbeitet selbst nicht mit.
So ein Job Shadowing-Tag hat im Allgemeinen folgenden Ablauf: Begrüßung, Kennenlernen und Informationsphase, kurze Abteilungs-/ Unternehmensführung, Teilnahme am „normalen“ Arbeitstag mit Meetings, internen und / oder externen Kundenkontakten und -terminen, Einblick in aktuelle Arbeitsaufgaben und Problemstellungen, Abschlussgespräch und Feedback.
Bisher bieten nur wenige Bibliotheken in Deutschland Job Shadowing an, obwohl sich dieses Instrument gut dafür eignet, die öffentliche Wahrnehmung von Bibliotheken zu verbessern und ein realistisches Bild des Berufs Bibliothekar zu vermitteln. Die Methode ist an amerikanischen Bibliotheken fest etabliert: dort werden Schüler im Alter von 12-18 Jahren angesprochen, so dass sie sich schon frühzeitig Gedanken zu ihrer Berufswahl machen können. Aber auch während eines Studiums bietet sich ein solches Job Shadowing an, um die verschiedenen Berufsperspektiven kennenzulernen, Kontakte zu knüpfen, mit Menschen über deren Tätigkeiten und Karrierewege zu sprechen und last but not least, ein realistisches Bild für die eigene Zukunft zu entwickeln.
Die ALA hat für Öffentliche Bibliotheken einen Leitfaden erstellt, wie ein solches Job Shadowing zu organisieren ist und wie es ablaufen sollte / könnte. Die ALA empfiehlt für Schüler, die keine Möglichkeit haben, an einem „realen“ Job Shadowing teilzunehmen, ein „virtuelles“ Job Shadowing; auch dieses ist beschrieben. Und ein solches Job Shadowing ist ebenfalls in den USA ebenfalls u.a. in Schulbibliotheken und wissenschaftlichen Bibliotheken systematisch etabliert.
Die ALA und damit auch die Bibliotheken verstehen die Methode als Job-Recruiting und Personalmarketing. In Zeiten des Fachkräftemangels, begrenzten Gehältern und Aufstiegschancen im öffentlichen Dienst könnte Job Shadowing in Deutschland ebenfalls eine geeignete Maßnahme sein, auch künftig für die Absolventen der bibliothekarischen und informationswissenschaftlichen Studiengänge attraktiv zu sein.
Weitere Informationen finden sich u.a. unter:
YALSA – Young Adult Library Services Association: YALSA´s Professional Tools – Job Shadowing Toolkit:
http://www.ala.org/yalsa/sites/ala.org.yalsa/files/content/final job shadowing toolkit public librarian.doc

Cover Update IFLA Trend Report 2016 (Ausschnitt)

Im Jahr 2013 legte die IFLA unter dem Titel „Die Wellen reiten oder von der Flut überrascht werden? Die Herausforderungen eines dynamischen Informationsumfelds meistern“ einen Bericht vor, in dem sie fünf auch für die bibliothekarische Arbeit wesentliche Trends im Internetzeitalter identifizierte:

  1. Neue Technologien erweitern die Möglichkeiten des Informationszugangs, schränken sie aber gleichzeitig auch ein;
  2. E-Learning führt zu einer Demokratisierung, aber auch zu einer Beeinträchtigung der weltweiten Bildung;
  3. die Grenzen von Privatsphäre und Datenschutz werden neu bestimmt;
  4. in hyper-vernetzten Gesellschaften verschaffen sich neue Stimmen und Gruppen Gehör;
  5. neue Technologien werden die weltweite Informationslandschaft transformieren.

Der in zahlreiche Sprachen – auch ins Deutsche – übersetzte Bericht steht auf http://trends.ifla.org/ zur Verfügung. Seine Thesen wurden weltweit in unterschiedlichsten Zusammenhängen diskutiert, was die IFLA zum Anlass genommen hat, eine aktualisierte Fassung ihres Trend-Berichts vorzulegen.

Das Dokument fasst nicht nur Kernpunkte der seit 2013 geführten Diskussion über die Inhalte des Trend-Berichts auf verschiedenen Kontinenten zusammen, sondern geht auch der Frage nach, inwiefern die damals identifizierten Trends noch gültig sind und sich heute auf Bibliotheken auswirken, welche neuen Entwicklungen absehbar sind und welche strategischen Konsequenzen Bibliothekarinnen und Bibliothekare daraus ziehen sollten.

Angesprochen werden dabei das Spannungsfeld zwischen physischem und virtuellem Raum ebenso wie die Herausforderung, mit begrenzten Ressourcen neue neben hergebrachten Services zu etablieren, aber auch Chancen, die sich für Bibliotheken aus dem aktiven Bekenntnis zu bestimmten Werten wie „Vertrauenswürdigkeit“, „Neutralität“ oder „freier, gleichberechtigter Informationszugang“ ergeben können.

Strategische Handlungsnotwendigkeiten für Bibliotheken sieht die IFLA unter anderem im Bereich des lebenslangen Lernens der im Bibliothekswesen Tätigen, aber auch hinsichtlich der Institutionalisierung von Veränderungsmanagement in Bibliotheken oder in Bezug auf politische Lobbyarbeit auf nationaler und internationaler Ebene.

Der aktualisierte IFLA-Trend-Bericht liegt derzeit noch nicht in deutscher Übersetzung vor, kann aber unter http://trends.ifla.org/files/trends/assets/trend-report-2016-update.pdf in einer englischsprachigen Fassung abgerufen werden.

Bessere Services durch Teilen und Tauschen? Der Handel macht es uns vor. Kennzeichen der Ökonomie des Teilens ist die gemeinsame Nutzung von Ressourcen. „Eigentum“ – im weitesten Sinne – wird geteilt. Dies können Gegenstände, Räume, Ideen oder Wissen sein. Damit bietet Teilen ungeahnte Möglichkeiten zur Verbesserung von Services – auch in Bibliotheken.

Teilen und Tauschen liegen im Trend. Laut PWC-Studie möchten rund zwei Drittel der Deutschen Produkte oder Dienstleistungen teilen oder auch leihen. Und Immerhin 46% der Bevölkerung haben ein solches Angebot schon einmal genutzt, fast zwei Drittel planen, es in den nächsten zwei Jahren zu nutzen [1].  Das Motto, das dahinter steht lautet: „Nicht jeder muss alles besitzen, aber durch Serviceleistungen und kollaborative Angebote kann […] [das Leben] flexibler gestaltet werden.“ [2] Geschäftsmodelle des Teilens gibt es schon seit jeher: den Lesezirkel, die landwirtschaftlichen Genossenschaften, die Autovermietung etc. und letztendlich auch die Bibliotheken. Aber warum ist gerade jetzt ein Trend daraus entstanden, dem sogar der Begriff der Ökonomie zugeteilt wird?

Bibliotheken teilen seit jeher, sie sind somit Teil der Ökonomie des Teilens, doch wenn von der Ökonomie des Teilens oder Shareconomy die Rede ist, spricht (fast) niemand von Bibliotheken. Warum? Neue Technologien haben neue Geschäftsmodelle ermöglicht, wie sie z.B. Airbnb oder UBER entwickelt haben. Das Teilen geht schneller, die Verbreitung ist immens, und die Koordination ist viel einfacher geworden. In der Kombination von Big Data, Cloud Computing, Sensoren und GPS-Systemen werden reale und virtuelle Welt zusammengeführt. Die gesammelten Daten ermöglichen es dann, freie Ressourcen real-time und passgenau den Kunden anzubieten. Das ist das eigentlich Neue und Faszinierende.

Bibliotheken wenden bislang weitestgehend eher klassische Geschäftsmodelle an: und wenn sie jetzt dazu übergehen, auch Akku-Bohrer, Energiemessgeräte etc. auszuleihen, so ist das nichts Neues. Bibliotheken sollten daher einen Schritt weitergehen, wenn sie als aktiver Partner der Ökonomie des Teilens wahrgenommen werden wollen / sollen. Und einige Bibliotheken machen es bereits vor: die Stadtbibliothek München bietet Sprachtandems an, in denen die Partner ihre jeweiligen Fremdsprachenkenntnisse vertiefen, zudem können Menschen „ausgeliehen“ werden und zu einem ungewöhnlichen Beruf oder dem Herkunftsland befragt werden [3].  In den Makerspace-Workshops der Stadtbibliothek Köln lernen die Teilnehmer voneinander. Auch das ist Ökonomie des Teilens, bei der sich Bibliotheken aber gegenüber der Kommerzialisierung des Tauschens und Teilens profilieren können.

Und Bibliotheken haben noch viel mehr zu bieten, z.B. Räume, Beratungskompetenzen etc.
Bibliotheken müssen darauf achten, dass ihnen nicht ein weiteres Feld, das sie eigentlich seit jeher besetzen, abhandenkommt, so wie dies z.B. im Bereich der Personalisierung geschehen ist. Bibliotheken tun vieles, aber sie reden nicht darüber, und sie passen sich nicht oder häufig zu spät den Trends ihrer (neuen) Wettbewerber an. Jetzt haben sie noch die Chance, mit an Bord des Zuges zu bleiben.


[1] Vgl. PWC (2015): Teilen und Tauschen liegen im Trend: Jeder zweite Deutsche nutzt Share Economy. 29.06.2015. URL: http://www.pwc.de/de/pressemitteilungen/2015/handels-und-konsumgueterbranche-starker-wertzuwachs-durch-onlinehandel.html
[2] Schreglmann, B. (2013). Flexible Zukunft des Wohnens. In Salzburger Nachrichten, 09.03.2013. URL: http://www.salzburg.com/nachrichten/rubriken/besteimmobilien/immobilien-nachrichten/sn/artikel/flexible-zukunft-des-wohnens-50345/
[3] Vgl. Detlefs, B. (2016). Bibliotheken als Sharing-Partner. Alles andere als altmodisch. Goethe-Institut, April 2016. URL: https://www.goethe.de/de/kul/bib/20734038.html

Bibliotheken liefern ihren Kunden aktuelle Informationen in Form von Büchern, Datenbanken, Zeitschriften, Zeitungen usw. Über das laufende Weltgeschehen informieren viele Einrichtungen inzwischen über TV-Bildschirme oder Online-Nachrichtenkanäle.

Solche Info-Screens finden sich meist im „Nahbereich“, im Foyer, dem Lesecafé oder an den Informations- und Auskunftsplätzen. Sie halten die Kunden auf einem aktuellen Informationsstand, machen Werbung für Veranstaltungen und verkürzen eventuelle Wartezeiten.

Während auf manchen Bildschirmen nur Nachrichten laufen, liefern andere Informationen über Bestands- und Veranstaltungsangebote der Bibliothek  oder sogar über Veranstaltungsangebote in der Region. Den Besuchern der Stadtbibliothek Ludwigsburg und der Stadtbibliothek Bielefeld werden als Mischform neben Informationen rund um die Bibliothek im Wechsel auch aktuelle Nachrichten präsentiert werden. Wie das „Netzwerk Bibliothek“ meldet, mit dem Dienst von „N24 Out of Home“.

Dieser Dienst der „hundertprozentigen Tochtergesellschaft der Axel Springer SE, die die Aktivitäten der Welt-Gruppe und des Fernsehsenders N24 bündelt“(Wikipedia, 17.10.2016)  bietet „speziell aufbereitete Vollbild-Nachrichten ohne Ton, mit Texten, Videos und Bildern aus Bereichen wie Politik, Wirtschaft, Sport, Multimedia und Panorama (optional wählbar)“ (netzwerk-bibliothek.de, 17.10.2016). Einzige Voraussetzung für die Anwendung ist ein Bildschirm mit Internetverbindung, denn das Angebot ist browserbasiert. Zusätzliche Hard- und Software sind nicht nötig.

Auf das klassische Nachrichtenprogramm  „Tagesschau 24“ setzt das Medien- und Informationszentrum Stadtbücherei Biberach. Der Bildschirm im Lesecafé liefert während 40 Öffnungsstunden pro Woche den etablierten Nachrichtensender ohne Ton. Bei Bedarf erhalten die Kunden Funkkopfhörer am Service. Getrennt davon werden an zwei Infoscreens am Service und im Aufenthaltsbereich  im Dachgeschoss Informationen zu neuen Bestandsangeboten  sowie zu eigenen und fremden Veranstaltungen in Stadt und Landkreis gegeben. Dadurch erspart sich das Bibliotheksteam  das Auf- und Abhängen vieler Plakate, was zu einer deutlichen „optischen Beruhigung“ der Bücherei beigetragen hat.

Die Kunden zeigen sich mit dem News-Angebot zufrieden und die Werbewirksamkeit –vor allem beim Screen zwischen Medienrückgabe und Information – ist hoch. Deshalb liefern auch externe Veranstaltungsanbieter ihre Angebote gerne als pdf oder jpg. Diese werden von einer Mitarbeiterin laufend in die Präsentationen eingebunden und in die Info-Screens eingespielt.

Frank Raumel

In der vergangenen Wochen haben wir in diesem Blog einen ersten Eindruck vom Schweizer Bibliothekskongress veröffentlicht. Inzwischen ist der Kongress vorbei und es ist Zeit für einen kleinen Rückblick.

Die auffälligsten Unterschiede zu den deutschen Bibliothekartagen und Bibliothekskongressen waren tatsächlich der bereits beschriebene Umgang mit der Sprachenvielfalt und die deutlich geringere Anzahl der Teilnehmer. Man kennt sich überwiegend persönlich im schweizerischen Bibliothekswesen.

Damit sind allerdings auch die augenfälligsten Unterschiede bereits genannt. Schaut man sich die in den Vorträgen und Workshops genannten Themen an, kann man sich sehr zuhause fühlen. Ein Hörsaal war für einen ganzen Tag Themen rund um RDA reserviert. An anderer Stelle gab es eine Vortragsreihe unter der Überschrift ‚Tag der öffentlichen Bibliotheken‘. Ein interessanter Vortrag stellte den Stand des Projekts Swiss Library Service Platform vor: ‚Das geplante Serviceangebot wird neben technischen Produkten (Solutions) auch Standards und Normierungen (Standards) sowie allgemein bibliothekarische Verbunddienstleistungen (Services) umfassen‘ (Website SLSP). Allerdings ist es wohl auch in der Schweiz nicht ganz einfach, gemeinsame Lösungen zu realisieren. Informationskompetenz, Datenmanagement und Ethikfragen waren Themen weiterer Vorträge.

Man trifft auch unter den Vortragenden durchaus heimische Bekannte, so wurde der Schlussvortrag von Prof. Dr. Konrad Umlauf vom IBI der Humboldt Universität Berlin gehalten und Heidrun Wiesenmüller sprach über die ‚Baustelle RDA‘. Umlaufs Thema ‚Innensichten, Außensichten, Einheit und Vielfalt‘ würde auch ganz gut als Überschrift unserer Bibliotheksreise funktionieren. Wir haben in den Tagen in Luzern interessante Einblicke in die Innensichten des Schweizer Bibliothekswesens erhalten, aber in der Kürze der Zeit unsere Außensicht sicher nicht ablegen können. Vielfältig waren die Vorträge, zeigten aber eine deutliche Übereinstimmung mit den Themen deutscher Bibliothekartage. In vielen Bereichen kommt man hier wie dort zu ‚einheit‘-lichen Schlussfolgerungen.

Lohnt sich nun rückblickend gesehen ein Ausflug über die Grenze aus fachlicher Sicht? Teuer ist’s, das steht außer Frage. Alleine der Kongressbeitrag schlägt mit über 300 Euro (für anderthalb Netto-Kongresstage!) zu Buche, die weitere Anreise, die Unterkunft und das hohe Preisniveau in der Schweiz sind einzurechnen. Entschädigt wurden wir durch den wunderschönen Kongressort, die herzliche Aufnahme durch die Schweizer Kollegen, viele interessante Gespräche und ja, auch einmal ein Heraustreten aus unserem gewohnten Kongressumfeld. Es entspannt schon etwas, wenn man mitbekommt, dass auch andernorts ähnliche Probleme diskutiert werden wie bei uns. Auch spielt bei den Vorträgen, so wenig sie inhaltlich von Vorträgen bei deutschen Kongressen abweichen, immer auch ein landesspezifischer Blickwinkel mit hinein, der die Thematik noch einmal anders beleuchtet. Also, mal ganz abgesehen von der Tatsache, dass auch noch das Wetter schön war, meinen wir durchaus, dass sich eine Stippvisite in die Schweiz auch aus fachlicher Sicht lohnen kann! Informationen über Termine (z. B. Montreux vom 29. August bis 1. September 2018) und Anmeldeformalitäten erhält man auf der Webseite des Verbandes Bibliothek Information Schweiz.

Man muss das Rad nicht immer wieder neu erfinden! Das war die Grundidee der Kommission für Service und Information im Bibliotheksverbund Bayern. Bewährte Praxisbeispiele rund um die Themen Auskunft und Information sollten eine Plattform finden; neue Ansätze schnell verbreitet werden.
Der Ideenpool Auskunft und Information ist seit März 2015 online. 15 Praxisbeispiele werden aktuell vorgestellt. Die Projektbeschreibungen sind einheitlich. Es beginnt mit einem kurzen Bibliotheksprofil, dann folgen die Zielformulierung, eine Beschreibung, weiterführende Links und Ansprechpartner. Auch eine Filtermöglichkeit nach Themen wurde eingerichtet.
Das Angebot wendet sich zur Zeit vor allem an Staatliche Bibliotheken, Hochschul- und Universitätsbibliotheken. Der Link zum Entdecken neuer Ideen:

http://www.bib-bvb.de/web/ksi/ideenpool

Gute Ideen gibt es landauf, landab! Und es wäre schade, Sie nicht zu verbreiten. Die Kommission für Service und Information nimmt neue Praxisbeispiele gerne in den Pool auf. Eine Mail genügt:

ideenpool-auskunft@bib-bvb.de

Eine einfache Frage, aber eine Antwort lässt sich nur schwer finden. Sofort denkt man an komplexe sozialwissenschaftliche Ansätze. Dass das nicht sein muss, hat Karsten Schuldt von der HTW Chur in seinem Vortrag gezeigt, der eigentlich gar kein Vortrag war. Für einen Kongressbeitrag ging es lebhaft zu, kaum jemand saß mehr auf seinem Platz. An verschiedenen Stationen konnten sich die Teilnehmer und Teilnehmerinnen zu sechs im Eingangsstatement kurz angerissenen Methoden austauschen.
Dass alle Methoden funktionieren, haben Studierende der HTW Chur in ihren Bachelorarbeiten gezeigt. Nähere Informationen bei Karsten Schuldt karsten.schuldt@htwchur.ch

Zwei wollen wir hier herausgreifen:

Cognitive Maps
Kurz beschrieben geht es darum herauszufinden, wie einzelne Bereiche der Bibliothek von den Kunden wie wahrgenommen werden. Dazu werden Pläne der Bibliothek kopiert und verteilt. Mit Adjektiven und Farben visualisieren die Besucher in die Pläne ihre Wahrnehmungen. Beim Übereinanderlegen mehrerer Pläne können so schnell Lieblingsplätze oder ‚tote Ecken‘ und Bedürfnisse unterschiedlicher Nutzergruppen identifiziert werden.
http://www.htwchur.ch/uploads/media/CSI_78_Dietiker.pdf

Count the traffic
Auch hier spielt der Grundriss der Bibliothek eine wichtige Rolle. Mit diesem Plan in der Hand gehen Beobachter durch die Bibliothek und erfassen die Nutzeraktivitäten zu bestimmten Zeiten. Gehen, stehen, sitzen, alleine oder als Gruppe, lesen, schreiben – alles wird gezählt. Diese Methode verhilft zu einem grundsätzlich besseren Verständnis der Vorgänge in der Bibliothek und kann darauf aufbauend zur Ressourcenplanung oder Reorganisation verwendet werden.
http://www.kundenorientiertebibliothek.de/themen/2/Count_the_Traffic.pdf

Mal über den Tellerrand schauen – das war die Idee, als wir zwei Mitglieder der Kommission beim Schweizer Bibliothekskongress angemeldet haben. Was läuft anders im Nachbarland, was ist ähnlich und was kommt uns von deutschen Bibliothekartagen und -kongressen bekannt vor? Überschaubar ist zunächst mal die Größe: ca. 500 TeilnehmerInnen haben sich angemeldet, man läuft häufiger denselben Leuten über den Weg. Überraschend sind die Sprachwechsel. Der Kongress wird immersiv abgehalten, d. h. jeder spricht in seiner Muttersprache. Das kann auch einmal bedeuten, dass der Vortrag auf deutsch gehalten wird und die Fragen französisch oder italienisch gestellt werden. Der Vortragenden kann dann wieder in seiner Sprache oder auch in englisch antworten.

Bei den Themen gibt es viele Überschneidungen. Interessant der Vortrag über die Fortschritte auf dem Weg zur Swiss Library Service Plattform – ein gemeinsames, landesweit übergreifendes Bibliothekssystem. Zu vielen uns bekannten Problemen kommen hier noch die verschiedenen Sprachen in der Schweiz dazu.

Karsten Schuldt von der HTW Chur stellt niedrigschwellige Methoden vor, um der Frage ‚Was tun Menschen wirklich in Bibliotheken‘ auf den Grund zu gehen.

Eine Session widmet sich der Informationskompetenzvermittlung. Vorgestellt werden die App der ZB Zürich und Bibliothekseinführungen mit der App Actionbound. Übrigens: eine Berliner Entwicklung!

Über diese und weitere Themen werden wir an dieser Stelle in den kommenden Tagen noch vertiefter berichten. Daneben ist natürlich Luzern eine ganz reizende Stadt, vor allem bei strahlendem Sonnenschein. Wir beschließen spontan, künftig den einen oder anderen Bibliothekartag durch einen Schweizer Kongress zu ersetzen.