Kundenbefragungen sind ein gutes Arbeitsinstrument, um die Zufriedenheit und Wünsche der Kunden besser kennenzulernen. Anschließend kann man Angebote und Services ziel(gruppen)genauer ausrichten, die Effizienz und Effektivität des bibliothekarischen Handelns steigern und auf beiden Seiten für mehr Zufriedenheit sorgen.

Natürlich kann dieses Instrument auch für einzelne Teilgruppen der Kunden angewandt werden, wie das folgende Beispiel aus Biberach an der Riß zeigt.

 

Im „Netzwerk Lesen“ des Medien- und Informationszentrums Stadtbücherei Biberach (MIZ) haben sich 55 Bildungspartner mit dem Ziel der gemeinschaftlichen Leseförderung zusammengeschlossen. Darunter sind mehr als 30 Kinderkrippen und Kindergärten, die von der Stadtbücherei mit Medien, Beratung und bibliothekspädagogischen Angeboten unterstützt werden. Der Freundeskreis der Stadtbücherei „Lust auf Lesen e.V.“ unterstützt zudem mit Buchgeschenken und der Vermittlung von Vorlesepaten. Die Kindertagesstätten bieten ihren Kindern gemütliche Leseecken und Lesenester, drei sogar eigene Büchereien an.

Nachdem das „Netzwerk Lesen“ auf lokaler Ebene seit Herbst 2017 vollständig ist, wollte die Stadtbücherei durch eine erneute Befragung der Zielgruppe erfahren, wie in den Kindertagesstätten die derzeitige Ausstattung mit Medien ist, wie diese zur Lesefrühförderung eingesetzt werden und welche Wünsche die Kitas zur weiteren Verbesserung der Sprach- und Leseförderung haben.

Nach telefonischer Terminabsprache hat dazu Bibliothekarin Klara Armstrong im Frühsommer 2018 insgesamt 24 Kindertagesstätten in Biberach und seinen Teilorten (33.000 Einwohner) persönlich besucht. Dabei hat sie den Erzieherinnen Fragen zum Thema Lesefrühforderung gestellt. Die einstündigen ausführlichen Interviews haben geholfen, die Einstellungen der Kindetagesstätten zur Sprach- und Lesefrühforderung besser zu verstehen und haben die Basis für ein Handlungskonzept der Stadtbücherei für die nächsten Jahre geschaffen. Die Fragen betrafen den Bestand der Kindergartenbüchereien, deren aktuelle Verwendung sowie die Vorstellungen zum zukünftigen Einsatz insbesondere von digitalen Medien zur Sprach- und Leseförderung.

In Biberach sind die meisten Kindertagesstätten in städtischer oder konfessioneller Trägerschaft. Sie haben meist zwischen 51 – 60 Kinder im Alter von 2 – 6 Jahren. Alle richten sich inhaltlich nach dem baden-württembergischen Orientierungsplan, der fünf verschiedene Schwerpunkte ermöglicht. Ein Viertel der befragten 24 Kitas haben die Sprachförderung zum Schwerpunkt ihrer Arbeit gemacht. Die Hälfte davon hat dies in einem schriftlichen Konzept hinterlegt, in dem auch die Stadtbücherei explizit als Bildungspartner genannt wird. Fast alle KiTas, die mehr als 20 % Kinder mit geringen Deutschkenntnissen haben, bieten für diese Kinder eine spezielle zusätzliche Förderung.

Im Durchschnitt hat jede KiTa in Biberach rund 520 Bücher im Bestand, davon 413 Kinderbücher. Damit hat sich die Medienausstattung seit der ersten Erhebung 2010 um 17 % verbessert. Der Anteil der Kinderbücher ist überproportional um 32 % gestiegen. Leider kann sich nur ein Viertel der Kinder in den befragten Kitas jederzeit selbstständig mit Büchern beschäftigen und nur in 58 % der Kitas können die Kinder Bücher nach Hause ausleihen. Hier sieht das MIZ zukünftig weiteren Informationsbedarf, um die haptische Erfahrung der Kinder mit Büchern und das Vorlesen in buchfernen Haushalten zu fördern.

In den Kindertagesstätten wird meist täglich durch die Erzieherinnen vorgelesen, mehr als die Hälfte der befragten Kitas greift zusätzlich auf das Angebot der Vorlesepaten und auf Eltern und ältere Schüler zurück. Die Vorlesezeiten sind dadurch im Vergleich zu 2010 um 15 % auf 62 Minuten täglich gestiegen! Zur Sprach- und Lesefrühförderung werden überwiegend gedruckte Bücher eingesetzt. Mehr als die Hälfte der befragten Kitas möchte derzeit keine digitalen Medien dazu einzusetzen.

Die Stadtbücherei bietet ein breites Spektrum von Services für ihre Partner: Montessori-Materialien, Medienboxen, Leselotten, Erlebnisführungen für Kinder und Eltern, bibliothekspädagogische Angebote sowie kostenlose Institutionsausweise für die ErzieherInnen. Alle befragten Kindertagesstätten sind mit dem Angebot der Stadtbücherei sehr zufrieden. Individuelle Wünsche wie z.B. mehr Kamishibais wurden aufgenommen und zeitnah umgesetzt. Um den Kontakt zum Buch noch früher zu ermöglichen, sollen zukünftig die Angebote für die „Windelflitzer“ weiter ausgebaut werden.

 

Klara Armstrong, Frank Raumel     10/2018

 

Je besser man weiß, was Kunden wünschen, desto einfacher ist es, Angebote und Services auf die Kunden auszurichten und damit noch erfolgreicher zu werden. Wenn man dafür nicht auf zufällige Meinungsäußerungen der Kunden warten möchte, ist eine Kundenbefragung ein gut geeignetes Arbeitsinstrument. Doch kann man dieses auch in Schulbüchereien, also bei Kindern und Jugendlichen einsetzen? Man kann!

Bereits zum zweiten Mal befragte das Medien- und Informationszentrum Stadtbücherei Biberach im Abstand von 5 Jahren ihre Kunden in der „Mediothek der Gymnasien“, einer nichtöffentlichen Zweigstelle, die den 1750 Schülern und Lehrern zweier Gymnasien unterrichtsbegleitende Literatur sowie Erzählungen und Romane anbietet. Neben vielen positiven Rückmeldungen gab es auch hilfreiche Verbesserungsvorschläge und punktuelle Kritik.

 

Nach frühzeitiger Absprache mit den Schulleitern und den Kooperationslehrern wurde die Befragung vom 4. bis 22. Juni 2018 durchgeführt. Die Klassenlehrer verteilten die Fragebögen an die Schüler, alle Lehrer bekamen spezielle Fragebögen in ihre Postfächer. Die Rücklaufquote war mit 64 % überwältigend: die Praktikantin Klara Armstrong konnte 1.128 Fragebögen von Schülern und Lehrern auswerten!

In neun Fragen wurde die Nutzung, die Orientierung, die Zufriedenheit mit den Angeboten und die Einbindung in den Unterricht abgefragt. Die Angabe der Schule und der Klassenstufe ließ auch trotz der notwendigen Anonymisierung eine differenziertere Auswertung zu.

Die zentral gelegene Mediothek z.B. wird von mehr als ¾ der Zielgruppen aktiv genutzt (75 % der befragten Schüler und 82 % der befragten Lehrer), von den Schülern größtenteils, um zu entspannen und um Hausaufgaben zu machen. Die Lehrer greifen öfter zum Online-Katalog, zu Wissenspools (Handapparaten) und Online-Datenbanken. Erfreulich ist, dass weiterhin mehr als 80 % der Schüler ihre selbst rückgebuchten Bücher anschließend auch selbst ins Regal zurückstellen und damit Verantwortung für das Funktionieren „ihrer“ Schulbücherei übernehmen.

Die Schüler sind besonders mit der Selbstverbuchung/Selbstrückgabe und den Leseplätzen zufrieden. Weniger zufrieden sind sie (verständlicherweise) mit den Aufsichten, die immer wieder Ruhe und Disziplin bei der Nutzung der PCs in den Lernbereichen fordern.

Die Lehrer sind mit der Beratung und Auskunft des Bibliothekspersonals zufrieden, wünschen sich aber mehr und bessere Arbeitsplätze für sich selbst. Diese und andere Erkenntnisse wurden den Bildungspartnern mitgeteilt. Für das Bibliotheksteam ergaben sich z.B. folgende Konsequenzen: Trotz regelmäßiger Schulungen kennen viele Schüler die Online-Datenbanken, den Online-Katalog und die Tablets mit den Tageszeitungen (noch) nicht. Dieses Informationsdefizit soll zukünftig in den spiralcurricular aufgebauten Medienkompetenzbausteinen beseitigt werden. Auch die Nutzung der Informationsbestände der Mediothek während des Unterrichts ist noch ausbaufähig, die bisherigen Maßnahmen waren nicht ausreichend. Die Integration in das Unterrichtsgeschehen soll nun durch weitere Informationsangebote für Lehrer vorangetrieben werden.

Frank Raumel

Purple Man Quality Customer Service Communication

Wenn sich vom 18. bis 21. März wieder die Bibliotheks-Community in Leipzig trifft, um sich über aktuelle Fachthemen auszutauschen, haben die Teilnehmenden erneut die herausfordernde Aufgabe, aus der Fülle der Angebote das Passende herauszusuchen und sich ein individuelles Programm zusammenzustellen.

Die Mitglieder der Kommission Kundenorientierte Services haben das Programm genau durchgesehen und eine persönliche, subjektive Auswahl für Sie zusammengestellt, wenn Sie sich ebenfalls dafür interessieren, wie Sie Ihre Bibliothek noch attraktiver für Leserinnen und Leser machen können oder diesen die Benutzung, die Recherche oder den Aufenthalt noch angenehmer oder einfacher gestalten möchten. Auf unserer Liste finden Sie komplette Sitzungen mit mehreren Beiträgen, Einzelvorträge, aber auch Diskussionsrunden und Labs.

Wir hoffen, es ist für jede*n etwas dabei:

Empfehlungen_der_Kommission

Einladen möchten wir Sie natürlich vor allem zu unserer öffentlichen Sitzung am Dienstag, 19.3. um 16:30 Uhr in Raum M8.

Nach einer kurzen Vorstellung der Kommissionsmitglieder, die in dieser Zusammensetzung seit vergangenen Sommer tätig sind, und einem kleinen Ausblick auf kommende Aktivitäten, möchten auch wir uns dem diesjährigen Gastland zuwenden und drei Kolleginnen aus den Niederlande Gelegenheit geben, ihre Services vorzustellen:

  • Frau Astrid Vlug (Openbare Bibliotheek Amsterdam): Kundenperspektive im Kontext von Qualitätsmanagement
  • Frau Monique Bradley (DOK Delft) – Mehrwerte für Kunden trotz Sparzwängen
  • Frau Ingrid Balijon (Probiblio) – Dienstleistung im Bereich Marktforschung für Bibliotheken

Die Vorträge werden in englischer Sprache gehalten, aber auch Fragen auf Deutsch sind natürlich willkommen.

Wir würden uns freuen, wenn Sie mit uns ins Nachbarland schauen und gemeinsam diskutieren, wie wir unsere bibliothekarischen Services noch besser machen und noch stärker auf unsere Kunden eingehen können.
Gerne können Sie uns auch über das Kommentarfeld Themenvorschläge und Ideen zukommen lassen.

 

Purple Man Quality Customer Service Communication

Seit 1. Juli 2018 präsentiert sich die Kommission „Kundenorientierte Services“ des dbv in – teilweise – neuer Zusammensetzung.

Nach dem Ausscheiden von Gudrun Nelson-Busch, Prof. Dr. Ursula Georgy und Frank Raumel – ihnen allen sei herzlich für ihre engagierte Mitarbeit in der Kommission gedankt – gehören der Kommission jetzt folgende Personen an:

  • Claudia Büchel (erste Amtszeit), Leiterin der Stadtbibliothek Neuss,
  • Silke Glitsch (erste Amtszeit), Leiterin der Abteilung „Benutzung“ der Universitätsbibliothek Kiel,
  • Belinda Jopp (erste Amtszeit; Kommissionsvorsitzende), Leiterin des Referats „Benutzerservice“ an der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz,
  • Sebastian Nix (zweite Amtszeit), Leiter des Bereichs „Bibliothek und wissenschaftliche Information“ am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung,
  • Doris Schneider (zweite Amtszeit), Leiterin der Bibliothek der Technischen Hochschule Ingolstadt.

Am 5. Oktober 2018 trafen sich die Mitglieder der Kommission „Kundenorientierte Services“ des dbv zu einer internen Arbeitssitzung an der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz. Dabei legten sie erste Arbeitsschwerpunkte für die Arbeit der Kommission in den Jahren 2018 bis 2021 fest. So wird die Kommission unter anderem im Rahmen ihrer öffentlichen Arbeitssitzung beim Bibliothekskongress 2019 dem Gastland Niederlande durch mehrere Vorträge niederländischer Kolleginnen zu unterschiedlichen Aspekten der Kundenorientierung breiten Raum einräumen. Bereits im Jahr 2018 haben zwei Kommissionsmitglieder eine Bibliotheksstudienreise in die Niederlande unternommen und darüber während des Berliner Bibliothekartags 2018 berichtet. Aber auch Aspekte des Qualitätsmanagements, die systematische Einbeziehung der Kundenperspektive in die Organisationsentwicklung und Methoden zur nachhaltigen Berücksichtigung von Kundenbelangen im Rahmen der praktisch-bibliothekarischen Arbeit werden als Themen absehbar die Kommissionarbeit prägen.

Das Protokoll der internen Arbeitssitzung vom 5. Oktober 2018 steht auf der Webseite der Kommission zum Herunterladen zur Verfügung.

Bibliothek – quo vadis?

Ein spannendes Referat, lebhafte Diskussionen und rot/grüne Meinungsbilder bestimmten die öffentliche Arbeitssitzung der Kommission in Frankfurt auf dem Bibliothekartag.

Digitaler Wandel, Veränderungsdruck, Verdrängungsmechanismen … das bewegt den Handel landauf, landab. Manchmal sogar existenzbedrohend.
Wir wollten wissen: Können Bibliotheken vom Handel lernen? Lohnt ein Blick über den Tellerrand?
Die Kommission hat deshalb zum Bibliothekartag einen neuen Weg beschritten und einen externen Experten eingeladen. Prof. Dr. Stefan Rock, an der Technischen Hochschule Ingolstadt Inhaber der Lehrgebiete Handelsmanagement, Handelslogistik und Sortimentsmanagement berichtete in seinem Referat (s. Link in der Überschrift), wie der Handel sich diesem Wandel stellt, welche Strategien entwickelt werden und wo die Chancen und Risiken stecken.

Drei provokante, hier gekürzte, Thesen standen am Ende des Referats:

Wer seine Wettbewerber nicht kennt, verliert seine Kunden.
Wer die Digitalisierung verschläft, ist nicht wettbewerbsfähig.
Wer seine Kunden und ihre Wünsche nicht kennt, manövriert sich selbst aus dem Markt.

Über diese drei Thesen diskutierten die Teilnehmer in Murmelgruppen intensiv – und stimmten am Ende über jede These mit ihren grünen (Zustimmung) oder roten (Ablehnung) Moderationskärtchen ab.

Was ich gelernt habe: Nicht  ist selbstverständlich und auf Ewigkeit angelegt. Auch eine Bibliothek muss sich für ihre Kunden interessieren. Wir gewinnen nicht mit der Erfüllung der Basisaufgaben. Nur die Services, die unsere Kunden begeistern, werden uns attraktiv machen. Darüber intensiv nachzudenken lohnt allemal!

 

 

 

Markenführung gehört heute für alle Institutionen zu einem zentralen strategischen Instrument. Marken sind heute mehr als eine Kennzeichnung, sie sind ein unverwechselbares Vorstellungsbild des Kunden von einem Produkt oder einer Dienstleistung. Damit erhalten Marken so etwas wie eine eigene Persönlichkeit. Marken werden verknüpft mit Erlebnissen, Emotionen, Nutzen etc. Dazu muss die Marke unverwechselbar sein, d.h. sich von den Marken des Wettbewerbs eindeutig abgrenzen. Und dies gelingt durch Logo, Farben, Slogan, Bilder und andere Sinneswahrnehmungen wie z.B. die Haptik.
Die interne und externe Markenkommunikation ist zentrales Instrument der Markenführung. Sie erfordert heute Crossmedialität und Medienkonvergenz in gleichem Maße. Die Zahl der Kommunikationskanäle, -instrumente nimmt stetig zu, und gleichzeitig werden sie durch die sozialen Medien immer komplexer, aber auch schnelllebiger. Werden nun diese verschiedenen Kanäle gleichzeitig bedient, steigt die Gefahr von Widersprüchen, Inkonsistenz der Botschaften. Eine Lösung stellt die Medienkonvergenz dar. Hier geht es darum, die verschiedenen Medien miteinander zu verbinden und vor allem auch zu vernetzen. Jedoch zu glauben, dass Medienkonvergenz eine Vereinfachung der Kommunikation ist, irrt. Im Gegenteil, da verschiedene Ebenen zu berücksichtigen sind: die technische, inhaltliche und die „wirtschaftliche“. Gleichzeitig gilt es, die Kommunikation inhaltlich, formal und zeitlich aufeinander abzustimmen. Damit erreicht die Markenkommunikation schnell eine mehrdimensionale Struktur, die ein systematisches, strategisches Marketing voraussetzt. Zudem gilt es, die Kommunikation interaktiv, dynamisch und auch mobil zu gestalten.
Um den Anforderungen an Crossmedialität und Medienkonvergenz gerecht werden zu können, bietet es sich an, eine Marke über Kampagnen bekannt zu machen und in den Köpfen der (potenziellen) Kunden zu verankern. Sie zeichnen sich durch eine zeitliche Fokussierung, hohe Aufmerksamkeit und vor allem durch Dramaturgie aus. Bibliotheken sollten darüber nachdenken, ob sie darüber ihre Marke „Bibliothek“ stärker verankern können.
Weiterführende Literatur:
Esch, Franz-Rudolf (2014). Strategie und Technik der Markenführung, 8. Auflage, München: Franz Vahlen.
Holtzhausen, Sabrina (2015). Crossmediale Markenführung. Eine qualitative Studie zur Bedeutung der Markenpositionierung bei Medienunternehmen. Schriften zur Kommunikationswissenschaft 7. Berlin: Lit Verlag.
Schade, Frauke (2012). Markenentwicklung für Bibliotheken. In: Praxishandbuch Bibliotheks- und Informationsmarketing. Ursula Georgy u. Frauke Schade (Hrsg.). Berlin u. Boston:
De Gruyter Saur, S. 341–368.

Und schon wieder ein neuer Terminus, der im Bereich Marketing die Runde macht. Und dem Sachverhalt, der dahinter steckt, wird eine hohe Bedeutung zugemessen.
Bei Gravitational Content handelt es sich um Inhalte, die sich individuell an den Kunden anpassen; sie sind sowohl personalisiert als auch kontextbasiert und werden dem Kunden proaktiv zur Verfügung gestellt. Diese Angebote werden generiert, indem neben dem Surfverhalten – und allem was damit einher geht auch soziale Kontakte, Umgebungsdaten und verstärkt auch Stimmungen analysiert, um die Relevanz von Inhalten für den Kunden beurteilen zu können.
Da der Kunden heute verstärkt Marken kauft und nicht unbedingt Produkte, ist es notwendig, die Marketingaktivitäten so zu steuern, dass der Kunde Produkte eindeutig Marken zuordnen kann und sich bewusst oder unbewusst für die eine Marke entscheidet. Beim Gravitational Content wird nun der Einzelne zum Gravitationszentrum seines ganz individuellen Content-Universums. Eine Vielzahl von Inhalten und Informationen „kreisen“ um ihn herum und bei passendender Gelegenheit bzw. bei erkennbarem Bedarf kommen diese auf ihn zu. Mit dieser Strategie möchte man wegkommen von der Überflutung des Kunden mit Informationen. Der Kunde soll genau nur durch wichtige Informationen angezogen werden, d.h. wie bei der Gravitation herrscht eine Anziehungskraft – hier nicht zwischen Planeten sondern zwischen Kunde und Content. Im Idealfall werden Kundeninteressen bzw. –wünsche erkannt, bevor der Kunde diese selbst geäußert hat bzw. wahrgenommen hat. Aus Big Data werden Smart Data erstellt.
Unternehmen wie Amazon treiben diesen Trend z.B. mit ihrem Konzept „Anticipatory Package Shipping“ voran. Das Konzept, das sich Amazon hat patentieren lassen (Patentnummer US 8615473) geht noch einen Schritt weiter als die an die Wünsche und Interessen der Nutzer angepassten Produktempfehlungen. Künftig will Amazon Produkte bereits in die Nähe von Kunden liefern, bevor diese eine Bestellung aufgegeben haben. So können Lieferzeiten verkürzt werden, und der Kunde erhält innerhalb kürzester Zeit sein gewünschtes Produkt. Dabei nimmt Amazon in Kauf, dass es zu „falschen“ Lieferungen kommt. Diese sollen dann u.a. in Geschenksendungen umgewandelt werden. Das klingt wie Zukunftsmusik, ist es auch noch, bald aber wahrscheinlich Alltag. Aber es ist hinsichtlich Datenschutz, Datenverwertung etc. ein äußerst sensibles Thema.
Auch für Bibliotheken wird es künftig relevant sein, Inhalte dynamisch und angepasst – ohne Informationsüberflutung – dem Kunden zur Verfügung zu stellen. Bibliotheken stehen auch andere Möglichkeiten offen, die Kunden mit Gravitational Content zu versorgen – nämlich indem sie ein persönliches Verhältnis zu ihnen aufbauen. Dann ist es das, was Bibliotheken und der stationäre Buchhandel schon immer getan haben und tun, nämlich eine individuelle Empfehlung auszusprechen, wenn er Bibliothek oder Buchhandlung besucht – auch virtuell.

Weiterführende Literatur:
Amazon Technologies Inc. (2013). Method and system for anticipatory package shipping. US Patent. US 8615473 B2. https://www.google.com/patents/US8615473
Bonchek, Mark (2017): A good digital strategy creates a gravitational pull. https://hbr.org/2017/01/a-good-digital-strategy-creates-a-gravitational-pull
Trend One (o.J): Macro-Trend: Gravitational Content. (Online Quelle). https://www.trendone.com/trends/macro-trends/macro-trend-detail/gravitational-content.html

Einrichtungen, die an (disruptiven) Innovationen scheitern, könnte man als bürokratisch, selbstgefällig, risiko- und innovationsavers bezeichnen. Dies ist aber durchaus falsch, denn diese Unternehmen sind durchaus innovativ. Diese Einrichtungen erfüllen sogar die Wünsche ihrer Kunden in perfekter Weise, daher existiert für die Innovationen bei den eigenen Kunden vielfach kein Markt – zumindest kurz- bis mittelfristig. Sie entwickeln ihre Produkte und Dienstleistungen „nur“ in deren (bestehenden) Schlüsselattributen weiter. Diese Institutionen bedienen ihre Märkte also in perfekter Weise, d.h. sie machen (eigentlich) nichts falsch, denn sie handeln streng kundenorientiert und optimieren ihre Produkte und Dienstleistungen, sodass für ihre Kunden ein Mehrwert entsteht. Zudem verfügen Sie meistens über ein hervorragendes Management.
Eine Möglichkeit, erfolgreich auf (disruptive) Innovationen zu reagieren, besteht darin, die dazu benötigten Fähigkeiten intern zu entwickeln. Eine Lösung dafür ist die „Ambidexterity“. Diese „Beidhändigkeit“ bedeutet, dass etablierte Institutionen ihre Prozesse und Werte erweitern, um so die vorhandenen Stärken sowie neue disruptive Innovationen gleichzeitig forcieren zu können. Für diese Strategie werden vier Schritte empfohlen.
1. Schritt: Beginnen bevor es nötig erscheint,
2. Schritt: Jemandem die Verantwortung übertragen, der über die notwendigen Kompetenzen verfügt und sich für Neues begeistert,
3. Schritt: ein Expertenteam bilden,
4. Schritt: alle einbinden und (ggf.) schulen.
Innovationen in Bibliotheken erfolgen inhaltlich üblicherweise evolutionär und inkremental, also wenig disruptiv.Auf der anderen Seite basieren ihre Dienstleistungen häufig auf disruptiven technischen Innovationen. Im Rahmen eines zunehmenden Wettbewerbs, der radikalen Veränderungen der Digitalisierung und des demographischen Wandels müssen Bibliotheken reagieren und selbst hinsichtlich neuer Dienstleistungen und Geschäftsmodelle aktiv werden.
Bibliotheken stehen künftig möglicherweise auch vor dem Innovator´s Dilemma wie viele Unternehmen, denn sie müssen auf der einen Seite ihre bisherigen Kunden und Zielgruppen bedienen, d.h. die Dienstleistungen, die gefragt sind, auch weiterhin anzubieten, auf der anderen Seite müssen sie aber im Sinne disruptiver Innovationen aktiv sein und neue Märkte erschließen und bedienen.

Weiterführende Literatur:
Christensen, C. M.; Matzler, K.; von den Eichen, S. F.: The Innovator´s Dilemma, München: Franz Vahlen, 2011
Christensen, C. M. / Raynor, Michael E. (Solution, 2003): The Innovator’s Solution: Creating and sustaining successful growth, Boston 2003.

 

 

Gastkommentar von Bibliotheksleiter Thomas Christoph

Bibliotheksleiter Unterschleißheim

Thomas Christoph

 

„Der ausführliche Blick durch die „Kundenbrille“ hat unseren Blick geschärft und die eigenen Angebote unter einem anderen Licht erscheinen lassen.

 Der Aufwand hat sich in jedem Fall gelohnt und die Bibliotheksmitarbeiter auch deutlich als Team gestärkt.“

 

Ergebnisse der Besucherbefragung vom Oktober 2016

Trend zu rückläufigen Ausleihzahlen

Spätestens seit 2013 sind die deutschen öffentlichen Bibliotheken mit schwindenden Ausleihzahlen konfrontiert. In Unterschleißheim rutschten die Entleihungen im Jahr 2014 erstmalig unter die 250.000er Grenze und haben sich inzwischen bei knapp über 230.000 Entleihungen eingependelt. Das Ergebnis ist zwar immer noch beachtlich, aber der rückläufige Trend gab den Ausschlag zur genauen Hinterfragung der vorhandenen Bibliotheksangebote.

 

Künftige Ziele der Bibliotheksarbeit in Unterschleißheim

In den letzten Jahren fanden stetige Veränderungen und Anpassungen im Medienbereich und bei den Serviceangeboten statt. Die neue Leser- und anwenderfreundliche Bibliothekssoftware, die E-Ausleihe und neue Veranstaltungsformate sollen hier vorrangig genannt werden. Diese Neuerungen wurden gut angenommen und haben sich bewährt. Um künftig die vorhanden Personalressourcen und Etatmittel vor dem Hintergrund sinkender Nachfrage optimal einsetzen zu können, sollten die künftigen Ziele der örtlichen Bibliotheksarbeit möglichst genau ausgemacht und abgesteckt werden. Die Kombination von Rückschlüssen aus eigenen Erkenntnissen und Ideen, anderen Erfahrungen (Best Practice) und den Ergebnissen der Besucherbefragung, erschien als die beste Herangehensweise.

Besucherbefragung der Stadtbibliothek Unterschleißheim

Der Fragebogen lag sechs Wochen in der Bibliothek aus und wurde von den Mitarbeiterinnen mit großem Erfolg aktiv beworben. Von den abgegebenen Fragebögen konnten 425 ausgewertet werden. Bei einer Beteiligung von über 10% der aktiven Leser kann durchaus von einem repräsentativen Ergebnis gesprochen werden. Die Teilnahme war ab einem Alter von 15 Jahren möglich und der Altersschwerpunkt liegt bei den 36- bis 65-jährigen, die in erster Linie berufstätig sind (55%) und sich in zweiter Linie schon im Ruhestand befinden (25%). 72% der Teilnehmenden sind weiblich und 28% männlich.

Insgesamt wurde um die Beantwortung von 34 Fragen gebeten. Gegliedert waren die Fragen in die Bereiche Bibliotheksnutzung (11 Fragen), Angebot und Service (9 Fragen, wobei sich die Frage „Wie zufrieden sind Sie mit unserem Medienangebot“ aus 11 Einzelfragen zu den jeweiligen Medienguppen zusammensetzte). Abschließend wurden drei allgemeine Fragen zur Person gestellt und Platz für Verbesserungsvorschläge, Anmerkungen und Anregungen gegeben.

 

Auswertung

Zur Auswertung wurden alle Fragebögen nummeriert und vollständig in eine EXCEL-Tabelle eingepflegt. Wichtig war dabei, alle 201 Verbesserungsvorschläge, Anmerkungen und Anregungen möglichst wort- und sinngemäß zu übernehmen. Danach wurden die gemischten Beiträge aufgedröselt und die 304 Einzelaspekte zu den jeweiligen Fragenbereichen sortiert.*

Die Ergebnisse wurden zusammengefasst, mit allen Beiträgen im Wortlaut ergänzt und einer ersten Analyse unterzogen. So dienten sie als Grundlage für einen Workshop des Bibliotheksteams im Februar 2017.

 

Erkenntnisse

Bei der Bibliotheksnutzung stimmen die Antworten weitgehend mit den vorhandenen Erfahrungen überein. Die durchschnittliche  Aufenthaltszeit wurde etwas länger eingeschätzt, bei der betreffenden Frage liegen die meisten Nennungen jedoch bei „bis zu einer halben Stunde“ (45%). Die meisten Befragten gaben an, den Bibliotheksbesuch mit einem Einkauf zu verbinden. In Punkto Öffnungszeiten wurde einerseits die Zufriedenheit mit den gegenwärtigen Zeiten abgefragt, andererseits auch die Möglichkeit zur detaillierten Kennzeichnung von zusätzlichen Öffnungsstunden gegeben. Die Zufriedenheit mit den bestehenden Öffnungszeiten liegt bei der vorangestellten Frage bei über 90%, bei den darauffolgenden Fragen haben sich die meisten für eine Verlängerung der Samstagsöffnung um eine Öffnungsstunde ausgesprochen. Der Wunsch nach einer Verlängerung der Samstagsöffnung wurde im Bibliotheksbetrieb schon öfters vernommen. Interessant war jedoch die Erkenntnis, dass dieser Wunsch auch von solchen Befragten kommt, die in der vorangestellten Frage mit den Öffnungszeiten durchaus zufrieden sind.

Über 30% der Befragten begrüßen eine Rückgabemöglichkeit außerhalb der Öffnungszeiten. Die Atmosphäre in der Bibliothek wird von den meisten als ruhig bewertet (43%). Auch der altbekannte Interessenkonflikt zwischen dem naturgemäß lauteren Kinderbereich einerseits und dem Wunsch nach einer möglichst ruhigen Bibliothek andererseits kommt in den Anmerkungen zum Ausdruck. In einigen Beiträge wurde auf fehlende Schmöker- und Lesesessel in der Bibliothek (ausdrücklich keine Lernarbeitsplätze) und im speziellen im Galeriegeschoss hingewiesen.

Zur besseren Übersichtlichkeit der Medienpräsentation klang bei vielen Beiträgen der Wunsch nach Gliederung und alphabetischer Aufstellung der Taschenbücher, der Hörbücher und der Sach- und Spielfilme, die noch teilweise im Gedanken des „Nahbereichs“ aufgestellt sind, an. Die Orientierung bei der Belletristik ließe sich durch die Erweiterung der bereits vorhandenen Interessenkreise verbessern, so ein vielgehegter Wunsch der Befragten. Ebenso könnte aus Sicht der Befragten ein detaillierter Bibliothekslageplan bei der Orientierung helfen.

Im Fragenbereich Angebot und Service zeigten sich über 90% mit der Freundlichkeit der Bibliotheksmitarbeiter und der Servicequalität an der Verbuchungs- und Informationstheke zufrieden.

Medienangebot: Bei den klassischen Bibliotheksmedien lagen die Zufriedenheitswerte bei über 93% und die Unzufriedenheit unter 4%. Bei den AV-Medien lag die Zufriedenheit bei gut 84%, aber die Unzufriedenheit bei über 15%. Bei den E-Books zeigten sich knapp 77% zufrieden und rund 17% unzufrieden. Über 80% kannten die Munzinger-Datenbanken nicht.

 

Maßnahmen

Umsetzung Kundenbefragungsergebnisse Unterschleißheim

Umsetzung Kundenbefragungsergebnisse Unterschleißheim

Neben kleineren Sofortmaßnahmen, wie beispielsweise die neue Tischaufstellung im Lesecafe oder die Ergänzung beliebter Kindersachbücher um weitere Staffelexemplare, sollen folgend die aufwändigeren Maßnahmen kurz erwähnt werden.

 

Mit Hilfe eines Medienrückgabesystems wäre eine Rückgabemöglichkeit außerhalb der Öffnungszeiten gegeben. Damit könnte die Servicequalität weitgehend personalneutral verbessert werden. Die Stadtbibliothek schafft ein solches Medienrückgabesystem an und nimmt es noch im 3. Quartal 2017 in Betrieb.

Zur Erhöhung der Aufenthaltsqualität wird im laufenden Jahr ein Konzept zur Ergänzung mit zusätzlichen Lese- und Schmökerplätzen erstellt. Die Bewilligung wird für 2017 angestrebt und die Umsetzung soll dann in 2018 erfolgen. Aus den vorhandenen Mitteln wurden bereits die Sitzfensterbretter im Galeriegeschoss bepolstert.

Zur Verbesserung der Medienpräsentation wurden die Hörbücher und die Sach- und Spielfilme alphabetisch aufgestellt. Daraus wurde der Wunsch nach einer publikumsfreundlicheren Aufstellung der Musik-CDs abgeleitet. Die Umstellung  der Musik-Tonträger auf eine wesentlich reduzierte und übersichtliche Klartextsystematik ist auf dem Weg und zu großen Teilen bereits fertiggestellt.

Die Romane sollen künftig nahezu vollständig nach Interessenkreisen aufgestellt werden. Die planerischen Vorarbeiten haben bereits begonnen und die schrittweise Neuaufstellung wird bis zum Jahresende abgeschlossen sein.

Mit Unterstützung des Bauamts wird die Umsetzung eines aussagekräftigen und attraktiven Bibliothekslageplans (als Orientierungshilfe) angestrebt.

Kundenservice: Die überzeugenden Umfrageergebnisse bei den Fragen zur Freundlichkeit und Servicequalität stellen dem Bibliothekspersonal ein sehr gutes Zeugnis aus und bestätigen die oft wahrgenommen positiven Rückmeldungen. Bekanntermaßen verbreiten sich positive Erfahrungen weit weniger häufiger als negative Erfahrungen. Aus diesem Grund setzte sich das Bibliotheksteam in einem extern moderierten Workshop mit den Ergebnissen der Besucherbefragung auseinander. Zielsetzung war die weitere Optimierung der Servicequalität.

Zufriedenheit mit dem Medienangebot: Bei den Ansprüchen an die Musik- und Filmmedien aus der Bibliothek spiegelt sich das veränderte Nutzungsverhalten und das Bedürfnis nach einer Angebotsvielfalt wieder, wie sie die kommerziellen Dienste suggerieren und teilweise auch bieten. Zur Verbesserung der Zufriedenheit bei den AV-Medien werden künftig ausschließlich moderne Formate, wie Blu-Ray, und eine attraktive Mischung aus Programmkino- und Mainstreamfilmen bereitgestellt. Bei den Hörbüchern wird auf das mp-3-Format und eine ausgeglichene Mischung aus Lesungen und Hörspielen gesetzt. Die Musik-CDs werden verstärkt nach Aktualität und in einer attraktiven Mischung aus Chart- und Newcomer-Titeln angeschafft.

Die E-Book-Leser benötigen wegen der technischen Hürden einen höheren Betreuungsaufwand und regelmäßige E-Book-Workshops zur Einführung. Dabei könnten auch die vorhandenen Datenbankangebote (wie die Munzinger Online-Bibliothek, GENIOS eBib und die Brockhaus Online-Enzyklopädie) präsentiert werden. Neben der Etataufstockung wird es ab Sommer ein regelmäßiges Veranstaltungsangebot für die an E-Books interessierte Leserschaft geben.

Bei den Internet-Services zeigten einige Beiträge auch, dass die vorhandenen Service-Möglichkeiten noch nicht ganz ausgeschöpft werden und die Angebote seitens der Bibliothek besser beworben werden sollten.

 

 

Resümee

An den Ergebnissen konnte einerseits Bekanntes und bereits richtig Vermutetes abgelesen werden. Andererseits wurden auch Anregungen zu Punkten gegeben, die so nicht wahrgenommen, oder als besonders dringlich angesehen wurden. Das in der Besucherbefragung genannte Bedürfnis nach weiteren Schmöker- und Lesesesseln war so nicht bewusst. Grundsätzlich war und ist die Anzahl der Arbeitsplätze zwar ausreichend, aber in der Umfrage wurde der ausdrückliche Wunsch nach zusätzlichen bequemen Sitzmöbeln (keine Lern- und Arbeitsplätze) geäußert.

Erfreulich war, mit welchen finanziell günstigen und personell überschaubaren Maßnahmen einzelnen Wünschen aus der Befragung bereits nachgekommen werden konnte. So wurde die publikumsfreundlichere Medienpräsentation bei den Hörbüchern, den Spiel- und Sachfilmen und den Musik-Tonträgern angegangen und zu großen Teilen bereits umgesetzt.

Das Bibliotheksteam war bei allen Projektschritten von der Vorbereitung der Umfrage, über die Durchführung bis zur Auswertung der Befragungsbögen involviert und aktiv beteiligt. Das große Interesse und Engagement bei den anschließenden Workshops und die Diskussion und Ausformulierung der geplanten Maßnahmen spiegelte sich in der hohen Motivation wieder, mit der die ersten Arbeiten schon in der ersten Woche angegangen wurden.

Die kommentierte Auswertung wurde mit dem beschlossenen Maßnahmenkatalog ergänzt, in der Bibliothek ausgehängt, zur Mitnahme ausgedruckt und im Internet veröffentlicht. Dabei wurden die einzelnen Verbesserungsvorschläge, Anregungen und Beiträge nicht im Wortlaut wiedergegeben, sondern zusammengefasst und beim jeweiligen Fragenkomplex aussagekräftig dargestellt.

https://www.forumunterschleissheim.de/fileadmin/Webdata/Bibliothek/Ergebnisse_Besucherbefragung_StB_Unterschleissheim.pdf

Der ausführliche Blick durch die „Kundenbrille“ hat unseren Blick geschärft und die eigenen Angebote unter einem anderen Licht erscheinen lassen. Der Aufwand hat sich in jedem Fall gelohnt und die Bibliotheksmitarbeiter auch deutlich als Team gestärkt.

 

 

Thomas Christoph (Leitung Stadtbibliothek Unterschleißheim)

 

 

 

 

*          Im Fragebereich Bibliotheknutzung wurden 44 Anmerkungen zu den Öffnungszeiten, 37 Anmerkungen zur Bibliotheksatmosphäre und 39 Anmerkungen zur Übersichtlichkeit der Medienpräsentation verzeichnet. Beim Fragenbereich  Angebot und Service gab es 29 Anmerkungen zur Freundlichkeit der Bibliotheksmitarbeiter und der Zufriedenheit mit Verbuchung und Information, 87 Anmerkungen zum klassischen Medienangebot, 22 Anmerkungen zu den E-Books und 10 Anmerkungen zu den Internet-Services. Weitere 36 Beiträge bezogen sich auf die Veranstaltungsarbeit, Sonstiges oder hatten allgemeinen, meist lobenden Charakter.

Schaut man sich die Inetbib-Liste an, so fällt auf, dass diese inzwischen fast ausschließlich aus Stelleninseraten besteht. Und analysiert man die Listen über einen längeren Zeitraum, so fällt auf, dass es für zahlreiche Stellenausschreibungen Bewerbungsfristverlängerungen gibt. Offensichtlich können zahlreiche Stellen zurzeit nicht oder nur bedingt adäquat besetzt werden. Dies hat aber fatale Folgen, denn nur wenn qualifiziertes Personal vorhanden ist, können Dienstleistungen kundengerecht erbracht werden.
Der Fachkräftemangel zeigt in vielen Branchen bereits Wirkung. Insbesondere kleinere Städte oder Städte mit extrem hohen Miet- und Immobilienpreisen sind insbesondere für jüngere ArbeitnehmerInnen oft unattraktiv. Daher mussten Unternehmen umdenken und haben das Employer Branding für sich entdeckt. Und dies betreiben sie in weiten Teilen sehr intensiv.
Employer Branding stellt einen markenstrategischen Ansatz zum Aufbau und zur Positionierung einer Arbeitgebermarke dar [Bath, Lambsdorff 2009]. An erster Stelle steht das interne Employer Branding. Es zielt vor allem darauf ab, eine emotionale Bindung zwischen den MitarbeiterInnen und dem Arbeitgeber aufzubauen, um sie langfristig an zu binden und vor allem die Werte der Institution in der Öffentlichkeit zu repräsentieren, denn eine positive emotionale Bindung steigert die Zufriedenheit und Motivation der Mitarbeiter[5].
Das externes Employer Branding zielt auf die Positionierung der Einrichtung gegenüber potenziellen MitarbeiterInnen außerhalb der eigenen Institution ab. Diese Form der externen Kommunikation wird in Bibliotheken bislang vielfach vernachlässigt. Unternehmen bedienen sich einer großen Bandbreite an Kommunikationskanälen, um sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren.
Insbesondere Bibliotheken, die nur bedingt mit attraktiven Gehältern und Aufstiegschancen punkten können, sollten sich ihrer Stärken besinnen und diese auch nach außen kommunizieren. Der öffentliche Dienst kann hier durchaus mithalten. Städte wie Hamburg mit ihren Recruiting-Portalen machen es vor.
Und Bibliotheken haben durchaus einiges zu bieten, was der Generation Y – oder wie immer man sie bezeichnen mag oder sie sich selbst bezeichnet – wichtig ist: Spaß an der Arbeit, die aber gleichzeitig herausfordernd ist. Zudem spielt die Sicherheit eine wichtige Rolle. Auch hier können Bibliotheken mit dem Öffentlichen Dienst durchaus punkten.
Und nicht zuletzt ist für die jüngere Generation ethisches, soziales und nachhaltiges Verhalten sehr wichtig. Auch hier stehen Bibliotheken mit ihren Angeboten und ihrem Engagement hoch im Kurs, wenn sie dies nur mutiger und offensiver diskutieren und kommunizieren würden.
Aber eines macht die Inetbib-Liste auch deutlich: eine langweilig gestaltete Stellenanzeige lockt heute kaum mehr jemanden, eine Bewerbung zu schreiben, schon gar nicht, wenn man bereits eine sichere Position innehat. Unternehmen, aber auch einige öffentliche Arbeitgeber machen es vor, wie heute Arbeitgeber ihre MitarbeiterInnen umwerben. Sich hier Ideen zu holen ist erlaubt, ja zwingend notwendig, wenn Bibliotheken auch künftig auf die besten und motiviertesten MitarbeiterInnen setzen wollen.
Weiterführende Literatur:
Bath, Leo J.; Lambsdorff, Magnus Graf 2009. Werben um die Generation Y. In: Focus 2009, H.1., S. 70-73.. URL: http://www.egonzehnder.com/files/70-73_intern_iii.pdf
Fraunhofer IMW 2014. Employer Branding in Wissenschaft und Praxis. Working Paper des Fraunhofer-Zentrums, Leipzig aus dem Jahr 2014 Nr.2. URL: https://www.imw.fraunhofer.de/content/dam/moez/de/documents/Working_Paper/Employer%20Branding_8.pdf
The Boston Consulting Group 2014. Vom Employer Branding zum One-Branding. URL: www.bcg.de/documents/file160190.pdf
ZBW Mediatalk 2014. Generation Y am Arbeitsplatz Bibliothek – herzlich willkommen! Teil II: Wie Bibliotheken im „War for talents“ punkten können. URL: https://www.zbw-mediatalk.eu/2014/12/generation-y-am-arbeitsplatz-bibliothek-herzlich-willkommen-teil-ii-wie-bibliotheken-im-war-for-talents-punkten-konnen/